Heinrich Himmlers Flucht in den Tod vom 20. April bis 23. Mai 1945 von Berlin über Flensburg nach Lüneburg

Graphic Essay

240.000 Zeichen Text (120 S. Taschenbuchformat) mit 860 Bildern auf 170 Blatt DIN/A 5. Im Anhang: Zeittafel, Kurzbiografien der Gehilfen und Personen der letzten Tage, Anmerkungen und Quellennachweise.

Himmlers Ende (1)

Himmlers Ende (2)

Himmlers Ende (4)

Auf das eigenhändige Tagebuch, das dem Vater Fleiß und anständiges Betragen bewies, folgte der Dienstkalender, den Himmler schreiben ließ, um sich der Nachwelt in unermüdlicher Pflichterfüllung zu präsentieren.

»Freitag, 19. Juni 1942. 10.45 Fahrt nach Rotenburg. 11.20 Fahrt nach Fallingbostel. 12.30 Essen mit Führerkorps Div. Reich anschl. Besprechung SS-Gruf. Keppler. Rede des RFSS vor dem Führerkorps der Div. Reich.« So viel hielten die Adjutanten für den Tag fest, an dem er sich zuletzt an den Stätten seines Heimgangs aufgehalten hatte.

»You are on the road to Lüneburg!« Zwei Tage mit Transporten von einem Internierungslager zum anderen, über Bremervörde, Westertimke und Scheeßel, Rotenburg und Soltau, hatten seine Orientierung aufgefrischt. Im britischen Lastwagen, der durch Fallingbostel bretterte, ging es für ihn zur Endstation. Wie er inzwischen wusste, ging bei seinem Aufenthalt drei Jahre zuvor etwas zu Ende.

Auf der Heide machte er einen Abstecher von der Wewelsburg. Als er das Dreieck mit drei Türmen auf einer Bergzunge 1933 erstmals erblickte, suchte er nach dem Standort einer »Reichsführerschule« für die »Festigung und Sicherung deutscher arteigener Weltanschauung«. Ab 1935 ließ er die Anlage aus dem 17. Jahrhundert zu einem Camelot für seine Tafelrunde aus SS-Gruppenführern um- und ausbauen. Die Propaganda erklärte den Krieg zum Endkampf zwischen Europa und Asien. Himmler ließ herausfinden, dass die Burg genau 1000 Jahre zuvor von König Heinrich I. zur Abwehr der »Hunnen« aus Ungarn gebaut worden sein sollte.

Wewelsburg (Zeichnung: urian)

Der Geist des »Slawenbezwingers« Heinrich I. war in den Namensvetter gefahren. Ab 1936 pilgerte er zum Todestag am 2. Juli in den Harz nach Quedlinburg. In der Gruft des Domes schwor er, die vom Traumpaten begonnene Germanisierung des Ostens zu vollenden. Eine seiner Redensarten war: »König Heinrich hätte in diesem Falle Folgendes getan«. Seine Zweitfrau betitelte ihn so ganz unironisch in Briefen an Dritte, und er mochte, wenn Vasallen ihn so nannten.

Er grüßte den teuren Toten mit gestrecktem Arm und »Morituri te salutant« zunächst an einem leeren Grab. Seine Archäologen gruben die falschen Gebeine aus, die mit Pomp bestattet wurden. Vor ihnen trat der Erbe mit dem letzten Schlag der Stunde um Mitternacht zur Zwiesprache mit dem Gespenst an.

Größere Geister hatten vor ihm daran geglaubt; es stand in den Geheimbüchern von Helena Blavatsky und Rudolf Steiner, bei List und Lanz von Liebenfels. In den Verkehr der Seelen weihten Himmler Adepten des »Ordens des Neuen Tempels«, des »Germanenordens« und der »Thule- Gesellschaft« ein. Die Kraft der Toten wächst mit der Zeit. Mächtige Ahnen durchdringen die Sphären.

Neun Monate vor seinem Tod, während er hätte ausgelastet sein können als neuer Befehlshaber des »Heimat-Ersatzheeres« und damit, die Verschwörer des Attentats auf Hitler vom 20. Juli 1944 zu hetzen, befasste er sich ausgiebig mit Begattung, Trauung und Gericht am Ahnengrab.

Er verwies auf den »Wehrwolf« von Hermann Löns als Quelle und bürgte selbst für einen »um das Jahr 1930 offenkundig noch lebendig gewesenen Brauch«. In Kiel soll ein Mädchen bei der Niederkunft zur Vaterschaft angegeben haben, »es wäre ein Kind vom Stein«. In einer »mondfinsteren Nacht, also zur Neumondzeit«, sei das Dorf zum »Hünengrab oder Ahnengrab« gepilgert. Die Bauern umringten mit abgewandten Gesichtern den Findling, auf dem das Mädchen sich postierte. Mit einem »aus der Blutsgemeinschaft« hatte er Vater sich abgesprochen. »Der Liebes- und Geschlechtsakt fand auf dem Ahnengrab statt.«

Im Juni 1942 war Himmler zum 19. und letzten bekannten Mal auf der Wewelsburg. Während in Treblinka, Sobibór, Majdanek, Chelmno, Bełżec und Auschwitz-Birkenau die Vergasungen begannen, konferierte er mit seinem Hauptbuchhalter über die Ausbeutung der Sklavenarbeit und die Verwertung der Leichen.

Einmal, bei seinem vorletzten Aufenthalt, hatte sein Asenheim, die Götterburg, seine Bestimmung gefunden. An vier Tagen stellte der RFSS den Speichen der Schwarzen Sonne, zwölf Gruppenführen, die »Judenfrage«. Am zweiten Tag erfuhren sie, dass »Unternehmen Barbarossa«, der Überfall auf die Sowjetunion, in zehn Tagen beginnen würde. Die »Einsatzgruppen« würden veranschlagte 30 Millionen Juden jagen in den »Bloodlands« zwischen Berlin und Moskau, in Polen, dem Baltikum, der Ukraine und Weißrussland.

Die Wewelsburg sollte zu seiner Pensionierung 1966 bezugsfertig sein. Solange war er zu unruhig, um dort oder anderswo heimisch zu werden. Ließ sich mit keinem bekannten Haus oder Ort so eng ein, dass er mehr wäre als einer in der Liste von Wohn- und Dienstsitzen.

Er war bei sich angekommen, indem er in Fahrt blieb. Ein Automobilist ab ovo, seit 1922 Mitglied in einem »Touring-Club«. Zwei Jahre darauf verdiente er sich mit Umtriebigkeit seine Sporen als Parteifunktionär. Brauste mit dem Motorrad als Stellvertreter des »Gauleiters« durch die bayerischen Dörfer und trommelte für die »völkische Sache«.

Himmler als Automobilist (Zeichnung: urian)

Wie ein Herrscher im Mittelalter, wie Heinrich I., festigte er seine Macht durch persönliches Erscheinen und regierte auf Rädern, Schienen und im Flugzeug. Immer und überall war mit seinem Auftauchen zu rechnen. Er versuchte, allgegenwärtig zu erscheinen. Saß nicht still im Netz, sondern raste auf den Fäden hin und her und spann neue Verbindungen. Im Krieg dehnte er seinen Radius aus und erhöhte das Tempo der Ortswechsel.

Als Himmler durchstartete, war ihm ein geistiger Gefährte voraus. »Paris – Rom und zurück über die Schweiz und den Mont Cenis, ohne einen einzigen Tag die eigene Behausung zu verlassen – diesen seltsamen Rekord hat soeben Monsieur Raymond Roussel in seinem Wohnauto aufgestellt.« (Zeitung 13. 12. 1926)

»Duce« und Papst empfingen den Millionär und Schriftsteller, der Auto und Wohnung montierte und sein Schneckenhaus auf Räder setzte wie später Himmler mit dem Zug »Steiermark«. Das Autocar Roussel war schwarz und schmal wie ein Sarg. Während der Fahrt waren die Vorhänge zu. Der Passagier las. Die Erde umrundend löschte er den Raum aus und stellte im Schreiben die Zeit still.

Zwischen zwei gleich oder ähnlich klingende Sätze von verschiedener Bedeutung spann er einen Faden aus Darstellung und Erzählung: »das Verfahren des Reimens in einer außerordentlich weit entwickelten und wie zum Zerspringen gebrachten Form«, schrieb ein Interpret. Roussel selbst sagte: »Ich blute über jedem Satz.«

Raymond Roussel (Zeichnung: urian)

Er war in Asien und Afrika, aber – »aus all diesen Reisen habe ich nie etwas für meine Bücher geschöpft.« »Eindrücke aus Afrika«: ein Bericht aus dem Inneren der Sprache, vom einsamen Ort. »Locus Solus« zeigt einen Park mit Maschinen zur Ausschaltung der Zeit. »Wunschmaschinen« der »ewigen Wiederkunft«. Durch Chemikalien wieder belebte Leichen im Glaskasten, die den bedeutsamsten Moment ihres Lebens wiederholen.

Roussels literarischer Gott, sein Vorbild bei der Schilderung von Fantasie-Maschinen war der Autor mit den meisten Einträgen in der Bücherliste, die Himmler als junger Mann anlegte, angefangen mit Nr. 12: »Reise zum Mittelpunkt der Erde«. Nach der Entzifferung einer Geheimschrift aus Runen in Hamburg folgt der Abstieg in einen Vulkan auf Island, das »Neutempler« und »Thulisten« für die Heimat der Arier halten.

Über Roussel wurde gesagt: Er »lebt in der Thermosflasche. Er stimmt mit nichts in der Außentemperatur überein.« Ein General über Himmler: »Er lebte nicht auf diesem Planeten. Um so ausschweifender war aber seine Fantasie.« Ein Wiedergänger von Kapitän »Nemo« in der künstlichen Atmosphäre der »Nautilus« auf Irrfahrt durch die Tiefsee.

Wie Roussel sich seiner Schreibmethode unterwarf erfüllte Himmler seine Pflicht und ließ andere für seine Sätze in den Mordmaschinen bluten. So zwingend sie ihr Werk empfanden, hatten sie ihre Wahl getroffen. Sie spannten das engmaschige Netz ihrer Gewohnheiten um den Globus und rotierten in einer verspiegelten Kapsel auf Schneckenstraßen um sich selbst.

Himmler kreiste um die Welt ohne sein Gehäuse zu verlassen. Der SS-Apparat erweiterte seine Organe und Glieder. Die Räder der Maschine: Allgemeine SS, Waffen-SS, Polizei, Sicherheitsdienst, Ahnenerbe. Himmler schwor seine Mannen ein, »in einer unerhörten Einmütigkeit und Erkenntnis dafür zu sorgen, dass alle diese Zweige, die wir aufgebaut haben, sich immer nur als Teil des Ganzen fühlen.« Er war das Ganze.

Die Person war das Amt, der Dienst das Leben. Privates gab es nicht. Für ihn so wenig wie für die Menschen, die er kontrollierte. Seine Arbeitstage begannen um zehn Uhr morgens und endeten um ein oder zwei Uhr nachts. Die Pflichterfüllung war alles andere als entfremdet.

Ordensbruderschaft, Verbrecherbande, Familie. Untergebene bedachte »Heini« mit Kosenamen. Stabschef Karl Wolff war »Wölfchen«, Odilo Globocnik, der die Vernichtungslager Bełżec, Sobibór und Treblinka aufbaute, »Globus«, Leibwächter Kiermaier war »Sepp« und sein Sekretär Rudolf Brandt »Rudi«.

»Aber Sie können sich keine Vorstellung machen, was ich alles dem Führer stillschweigend abnehmen muss, damit er, der Messias der nächsten 2000 Jahre, absolut sündenfrei bleibt.« – »Es ist natürlich angenehmer, sich mit den Blumenbeeten statt mit den Kehrichthaufen und der Müllabfuhr eines Staates zu befassen, aber ohne diese Arbeit werden die Blumenbeete nicht gedeihen.« Er bestimmte und erzeugte den »Kehrichthaufen«. War sowohl Totengräber wie Henker und Richter. Die Berufung hatte er sich erteilt, bevor Hitler ihn aufrief, den Beruf zu schaffen, den er daraus machte.

Seine Macht ruhte auf zwei Säulen: Hitlers Plazet und Personalpolitik. Ein Historiker: »dass kein einziger Hauptamtschef wirklich gegen Himmler vorging, beruhte auf dem Respekt, den der Reichsführer-SS sich unter seinen Leuten seit Anbeginn bewahrt hatte.«

»Lachend« sagte Rudolf Brandt über seinen Herrn: »am liebsten würde er alle seine Amtschefs ins Feld schicken und sie totschießen lassen, um dem Führer melden zu können: ›Sämtliche Amtschefs der Sicherheitspolizei auf dem Felde der Ehre gefallen‹ und die Möglichkeit zu haben, gegenüber der Wehrmacht zu sagen: ›Das soll uns die Wehrmacht erst einmal nachmachen!‹«

Keine Struktur hielt den gewaltigen Apparat zusammen sondern ein Wille. Das Führerprinzip ist alternativlos. Diktaturen lassen sich zerstören, aber nicht umbauen. Kein Gehilfe hätte das Steuer dieses Staatsschiffs übernehmen können. Himmlers Absetzung oder Tod hätte der SS das Genick gebrochen. Der »SS-Staat« war, was das ganze »gleichgeschaltete« Reich sein sollte: Fugenloser Block, rechteckiger Monolith, der als Botschaft aus der Urzeit verstanden sein wollte.

Fugenloser Monolith (Zeichnung: urian)

Himmler hielt sich gerade so lange wie erforderlich auf und nahm von den Orten das Immergleiche wahr: eine Kommandostelle hinter Stahldrahtverhau oder ein Lager mit Zaun; die Aussicht stets beschnitten von Schirmmützen.

Himmler habe sich »im Stand seliger Unwissenheit über die wirklichen Bedingungen in diesen bestialischen Einrichtungen«, fasste der britische Geheimdienst zusammen, was einer sagte, der der es wissen sollte. Der 29-jährige Werner Grothmann war seinem »master« fast fünf Jahre kaum von der Seite gewichen – »of whose death he has not been informed«.

Er saß neben Himmler auf der Bank des britischen LKW, der durch Fallingbostel fuhr, und er hörte eben dort 1942, wie der sein Herr eineinhalb Stunden lang auf die Offiziere der Waffen-SS-Division »Das Reich« einredete. Besonders tadelte er die »Dekadenz«, Juden als Menschen anzusehen; es nur zu denken sei ihrer als Elite unwürdig.

Grothmann saß noch beim Verhör durch Major Rice in Camp Kolkhagen daneben, bis Colonel Murphy ihn von seinem Meister trennte.

»You are on the road to Lüneburg!« Himmler war sich der Spurrille seiner Verbrechen nicht bewusst, als das Auto Wolterdingen passierte, wo ein für Bergen-Belsen bestimmter Zug liegen geblieben war. Die Wärter ließen die 269 Gefangenen nicht frei oder einen »Todesmarsch« antreten. Sie erschlugen sie mit Holzknüppeln.

Werner Grothmann war Absolvent der Ordenshochschule: blond und blauäugig, schlank und schneidig. Der Kofferträger, Laufbursche und Portier des RFSS. »Er behauptet, dass er selbst nie das Innere eines dieser Lager gesehen habe, never seen the inside of any of these camps«, protokollierten seine britischen Vernehmer. In dem Juni 1945 konnten sie ihm nicht widersprechen.

Er stand daneben, wenn sein Chef sich pflichtgetreu das Morden aus der Nähe anschaute. Noch nicht beim ersten bekannten Mal, als im Winter 1939/40 »vor einem Kreis geladener Gäste« in einer Anstalt in Posen eine »Euthanasieaktion« vorgeführt wurde, die Tötung Geisteskranker durch Gas.

Grothmann war dabei, als zu Himmlers Ehren am 15. August 1941 in der Nähe des weißrussischen Minsk 120 »Partisanen und Juden« erschossen wurden. Ein Schütze: »Nach der Salve kam Himmler direkt zu mir her und schaute selbst in die Grube. Dabei beobachtete er, dass noch einer lebte. Er sagte zu mir: ›Leutnant, schießen Sie auf den!‹«

Erich von dem Bach-Zelewski, Veranstalter der Schau: Himmlers Gesicht sei »bleich wie Käse« gewesen. »Seine Augen gingen rollend in der Runde und schlossen sich, wenn die Gewehre knallten, er ließ aber das Schießen nicht einstellen.«

»Wer über Leben und Tod zu entscheiden hat, muss wissen, wie das Sterben aussieht. Und was er den Erschießungskommandos zumutet!« Unter dem Eindruck des Schützenfests soll Himmler Anweisung erteilt haben, neue Mordmethoden zu erfinden. Fortan wurde der Tötungsvorgang in weniger Hände gelegt und zugleich die Leichenproduktion gesteigert.

Himmler in Minsk (Zeichnung: urian)

Himmler erklärte, »dass es ihm nicht darauf ankomme, ein ganzes B[a]t[ai]l[lon] an die Wand zu stellen, wenn man sich weigern sollte, den Befehl auszuführen, an Judenexekutionen teilzunehmen oder sich ihm zu entziehen.« Erinnerte sich Alfred Filbert, Kommandeur des »Einsatzkommando 9«. Als Angeklagter sagte Filbert 1962 aus: »Ich habe von keinem Fall der Befehlsverweigerung gehört.«

Alfred Filbert vor Gericht (Zeichnung: urian)

»Stimmt es, dass es beim Kommando hin und wieder Leute gab, die Erschießungen ausgesprochen gern durchführten?«, fragte der Richter einen Unterführer. »Ich glaube schon. Was meinen Sie wohl, was wir für üble Leute im Einsatzkommando hatten.«

Ein Verwaltungsangestellter aus Berlin, der als 35-Jähriger in Minsk mitschoss, wiederholte 1965, was er von Himmlers Rede am Grubenrand behalten hatte: »dass die Verantwortung für die Erschießung er persönlich tragen würde, und dass keinesfalls von uns die Verantwortung getragen zu werden brauche«.

Fotos der Leichenberge in Bergen-Belsen, die ihm seine britischen Vernehmer vorhielten, wies Grothmann als Propaganda zurück. Wenn er mit Himmler die Richtplätze aufsuchte, lagen nur die Leichen da, die hingehörten. Das Ur- und Musterlager in Dachau war unter Grothmanns Aufsicht »auf Vordermann« gebracht worden, so dass der Chef seine minderjährige Tochter auf den Ausflug mitnehmen konnte.

Unter denen, die Grothmann am Ende zu Himmler vorließ, war allerdings keiner, der wusste, wie es in Bergen-Belsen aussah. Kurt Becher, Beauftragter für den Häftlingsschacher und zuletzt Sonderkommissar für sämtliche Konzentrationslager, war im Bild, redete aber nicht mehr mit dem RFSS, sondierte Fluchtwege und sammelte zu seiner Entlastung »Schutzbriefe« und »Schutzjuden«. Unbehelligt von seiner Schuld starb er hoch geachtet mit 86 in Bremen.

Im Juli 1942 begutachtete Himmler den »gesamten Vorgang der Vernichtung« in Auschwitz: Von der »Aussonderung der Arbeitsfähigen« über die Ermordung von mehr als 400 Juden bis zur Beseitigung der Leichen durch das Sonderkommando aus Häftlingen. Im Guckloch soll er die Vergasung observiert haben. »Er lachte und scherzte mit den Offizieren«, erinnerte sich ein Gefangener.

Ein anderer sagte: »Er ist dann hinter die Gaskammer gegangen und hat sich erbrochen. Das haben zwei SS-Männer gesehen, die wurden sofort an die Front geschickt. Ein Heinrich Himmler übergibt sich doch nicht, wenn Juden umgebracht werden.« Zum Abschluss wurde die Prügelstrafe an einem weiblichen Häftling vollzogen. Dazu hat Werner Grothmann bis ins Grab geschwiegen.

Seine britischen Vernehmer schätzen ihn als »einen harten Kunden« ein. Aber sie kauften ihm ab, dass er nur für militärische Belange zuständig gewesen sei. So hätte er es gern gehabt. 1943 bewarb er sich um ein Kampfkommando. Ihm wurde beschieden, er sei ein »etwas undurchsichtiger Charakter« und ungeeignet, eine Panzerkompanie zu führen.

Schon 1935 war seine »überlegene und zuweilen etwas selbstgefällige Haltung« bemängelt worden. »Bei Misserfolgen wird er leicht missmutig und innerlich verärgert, so dass es ihm zuweilen schwer fällt, sich äußerlich zu beherrschen. Er kann es dann auch an sachlichem Leistungswillen fehlen lassen, wird in seiner Blickrichtung eingeengt und starrsinnig.«

Nicht Leichenschauen wie in Minsk und Auschwitz wollte er entgehen, sondern Aufgaben wie der, mit der er betraut war zwei Tage, bevor er die Ablehnung erhielt. Er musste dem Leiter der Abteilung Landwirtschaft in Auschwitz einen Einfall übermitteln: »Der Reichsführer möchte wissen, was das Ölhaltige an der Geranie ist. Er ist der Auffassung, dass nun einmal eine größere Menge Geranienöl beschafft werden oder SS-Obergruppenführer Pohl einige Hektar Geranien anpflanzen lassen soll. Auf jeden Fall wünscht er, dass diese Frage nunmehr systematisch bearbeitet wird.«

Im Juni 1945 erlebten die Geheimdienstoffiziere einen »angeberischen, unbelehrbaren« und »100-prozentigen Nazi«, der Himmler für eine »bewundernswerte Persönlichkeit« und Hitler »für einen Gott« hielt. Sechs Jahre später rückte der 36-Jährige im Interview mit einem deutschen Historiker von seinen Idolen ab, hielt aber an den Idealen fest und verteidigte sie gegen den Missbrauch durch die gestürzten Götzen.

»Meine Ehre heißt Treue – dieser Satz sei mehr ein religiöser als ein politischer Satz gewesen. Man habe aber nicht die Treue zu Hitler gemeint, der trotz seines übersteigerten und entarteten Treuebegriffs keine Treue zu seinem Volk gekannt habe. Überhaupt sei nicht die Treue zu einer Person gemeint gewesen, sondern die Treue zu einer Idee, oder besser noch zu einem überindividuellen Organismus. Es könne auch an die Treue des Einzelnen zu sich selbst, zu seinem Wesen gedacht werden, was dann etwa auf den nicht materialistischen Rassebegriff hinauslaufe.«

Es scheint, fasste der Interviewer zusammen, dass Grothmann »eine ganz geringe Meinung von der menschlichen Willensfreiheit hat und so letztlich verantwortliches Handeln kaum für möglich hält.« Noch ein bewusstloses Rad in der Maschine des schwarzen Schicksals. »Ich war es nicht, Dr. Mabuse ist es gewesen. er benutzte mein Gehirn.«

»Herr Grothmann wies auf die okkulten Neigungen Himmlers hin.« Zwar hielt der Interviewer Grothmanns »Lebensauffassung« für mehr religiös als politisch, hakte aber nicht nach. Der Satz markiert eine Nahtstelle von Geschichte und Gegenwart.

Mordverschwörer spekulieren im Web über die Gründe Winston Churchills, Himmler zum Schweigen zu bringen. »Was wäre, wenn das Motiv nicht mit Diplomatie zu tun hätte, sondern mit Himmlers New-Age-Verbindungen, mit Thule-Gesellschaft, Artamanen«, Wewelsburg, »Ahnenerbe« und vor allem dem »wahren Zweck der Himalaya-Expedition 1938«?

Denkbare politische Motive haben nach dem Ende des Kalten Krieges ihre Brisanz verloren. Die transzendenten Aspekte rücken in den Vordergrund. Die Obskurantisten zählen richtig auf, was Himmler in seinen letzten Zügen umtrieb, und sie versehen Tatsachen mit Sinn, über die kein Geschichtsbuch aufklärt. Zum engsten Gefolge gehörte ein Astrologe, und Himmler gab Befehle zur Wewelsburg und zum »Ahnenerbe«. Freilich erzählen die Verschwörer nicht die ganze Geschichte und erwähnen weder Menschenversuche noch Vernichtung durch Zwangsarbeit. Bevor ein Historiker sich den mystischen Anteilen des Nationalsozialismus zuwandte, hatten Esoteriker die spirituellen Wurzeln ausgegraben und den Rassenwahn zur metaphysischen Sendung verklärt.

»Ich konnte sein Gesabbel nicht mehr ertragen«. Am 18.März 1992 stritt der 53-jährige Frührentner Gustav Schneeclaus auf dem Busbahnhof von Buxtehude mit zwei Skinheads von 26 und 19 Jahren über deutsche Geschichte. Der Alte habe sie provoziert und behauptet, Hitler sei gar kein Deutscher, sondern Österreicher, erklärte der ältere Skin vor Gericht. »Hitler war der größte Verbrecher«, soll er gesagt haben. Die ultimative Schmähung, die Kränkung für jeden Deutschen für alle Zeiten.

Die Skins schlugen mit einem Kantholz zu und traten mit Stiefeln auf Schneeclaus ein. Er starb drei Tage später im Krankenhaus. »Der Nationalsozialismus war meine Religion, Adolf Hitler mein Gott«, sagte ein Neonazi, nachdem er vom Glauben abgefallen und scheinbar geläutert war.

Ungestört hatte sich eine Braune Bande in der Kleinstadt breit gemacht. Der Blutzoll, den das Gemeinwesen für seine Ignoranz entrichtete, war absehbar gewesen. Nachher deutete die Polizei den Toten zum Opfer eines »Bandenkriegs« um, den etwelche »Linke« ausgelöst hätten. Die Bürger ließen sich für ein Engagement loben, das sie nie gezeigt hatten. Verbreitet wurde, dass die Täter »in keiner rechtsextremistischen Szene eingebunden oder gar organisiert« waren. Das sollte sich vor Gericht gezeigt haben. Es befasste sich damit nicht und wäre sonst zu gegenteiligen Schlüssen gelangt.

Von den sechs Jahren seiner Jugendstrafe für Totschlag verbüßte der jüngere Skin einen Teil und wurde für den Rest auf Bewährung freigelassen. Ab 1996 setzte er seine Laufbahn in Tostedt/Nordheide fort. Als ihm 2011 wegen Landfriedensbruchs der Prozess gemacht wurde, reklamierte der prominenteste Verbrecher der Region Religionsfreiheit für sich. Sein Verteidiger verglich das Verfahren mit der Hexenverfolgung. Sie war Himmlers Hauptvorwurf gegen die christliche Kirche.

Auf Kleidung der Marke »Thor Steinar«, die der Angeklagte in seinem Geschäft für Kameradschaftsbedarf verkaufte, prangt »No Inquisition«. Im Prozess war von Nationalsozialismus keine Rede. Das Urteil wurde als fehlerhaft aufgehoben und keine Strafe verhängt. Drei Monate darauf war zu sehen, wie weit die Ignoranz gediehen war, als der NSU an die Oberfläche kam.

1996 hatte die Staatsanwaltschaft den dreifachen Mörder Thomas Lemke und seine Gehilfen von ihren vielfältigen Verbindungen zum Neonazismus freigesprochen. Das »Neuheidentum« taten die Medien als »vorgeschoben« ab, als »die Tarnung, die Maske, hinter der sich eine gescheiterte Kindheit und Jugend verbergen.« »Esoterische Dummheiten, nicht nur ›völkische‹, sind heutzutage in ganz anderen Bevölkerungskreisen zu finden, wo sich die Leute massiv wehren würden, wenn sie als nicht ›ganz dicht‹ bezeichnet würden«, vermerkte ein Prozessbeobachter.

Während Lemke vor Gericht stand, wurde beweisen, dass seine Hingabe an »die Bäume, Auen, Quellen, Berge, an Asgard und an Odin« mehr als die Ausrede eines einzelnen Psychopathen war. »Im Auftrag von Odin und Thor« verübte Kay Diesner einen Mordanschlag und erschoss auf der Flucht einen Polizisten.

Der Nationalsozialismus lebt politisch, kulturell und kriminell weiter. Betrachtet werden die Felder jedoch strikt getrennt. Für Politologen und Soziologen ist Neonazismus eine Jugendbewegung. Von Organisationsstrukturen und Drahtziehern wissen sie nichts. Lauter Lehrlinge, keine Gesellen und Meister.

In Berichten über braunes Banditentum kommen die Begünstigung durch die Gesellschaft und die historischen Wurzeln der Netzwerke nicht vor. Für die Kultur der Szene stehen strafbare Songtexte und Symbole. Wenig mehr ist je untersucht worden. So geraten Überschneidungen mit anderen Kreisen gar nicht erst in den Blick.

In einem Lexikon-Eintrag zum »Neugermanischen Heidentum« steht nichts vom Dritten Reich und Himmler als Stifter. Allein im Absatz »Faschismus« scheinen Verbindungen der Sphären auf. »In den 1990er Jahren erleben parallel zum Neonazismus neugermanische und deutsch-völkische Glaubenskreise Zulauf, in denen alte Blut- und Boden-Mytheme zu einer ›Ariosophie‹ aufbereitet werden (z. B. Gylfiliten, Armanen, Goden).«

»Ariosophie« ist nichts Neues, sondern eine der Quellen für Himmlers Ideen. Neonazis und Neuheiden operierten nie »parallel« und vor 1990 gemeinsam. Über die Gewalt, die unter Beteiligung der Gläubigen in den 1990ern aufkam, schweigt das Lexikon. In einem anderen deutschen Buch nimmt die Abgrenzung von Ursprüngen und nächster Verwandtschaft die Form einer Beschwörung an: Esoteriker seien menschenfreundlich und könnten deshalb keine Neonazis sein. Als hätte es Himmler nie gegeben.

Braune Bräuche kümmerten Hitler nicht, und er traf keine Vorsorge für geistige Erbschaft. Goebbels hatte die Nachwelt immer im Blick, doch die Inhalte seiner Reden gingen mit ihm unter. Himmler ist der NS-Untote mit dem nachhaltigsten Einfluss über das Grab hinaus. Hauptzutaten des Mythengebräus »Nazi-Germany«, des Reichs des Bösen und Phänotyps der Menschenfeindlichkeit, entstanden in seinem Kopf.

1979 sinnierte Susan Sontag über »ein spukhaftes Ingredienz der modernen Kultur, ein böses Prinzip von grenzenloser Wandlungsfähigkeit, das die Gegenwart durchtränkt und sie zur Reprise der Vergangenheit macht«, und nannte es »Hitlertum«. Genauer müsste es Himmlertum heißen. Moralpredigten stören bis heute die Hochzeit von Schrecken und Schönheit nicht.

Die »Schwarze Szene« ist sich der Beziehungen oft kaum bewusst. Einschlägige Insignien werden beiläufig in Berichten vom Rock-Festival in Wacken erwähnt und im Foto gezeigt, ohne dass ein Redakteur gestutzt hätte. Niemand denkt bei einem Wikinger-Event an Böses. Auf das Germanentum fällt nicht nur ein Schatten der in seinem Namen begangenen Verbrechen. Es wird vielfach durch einen NS-Filter wahrgenommen. Die kürzeste Abhandlung muss auf die braunen Quellen populärer Klischees verweisen, eine Darstellung germanischer Religion mit einem Kapitel über Neuheidentum schließen.

»Wir sind Gothic« machte das Lokalblatt am »Tag der Liebe« 12. 12. 2012 mit dem Foto eines Paares auf, das in Schwarz heiratete. Der Bräutigam feixte, als ich ihn kurz darauf am Wahlkampfstand der NPD traf, für die er zum Landtag kandidierte. Soeben hatte der Bundesrat beschlossen, seine Partei verbieten zu lassen. Dafür waren auch die Zeitungsleute, die nichts gemerkt hatten. Zum Tattoo-Studio assoziierten sie nicht »Schwarzer Schmerz«. Der Betreiber war NPD-Kandidat. Früher hieß seine Bande »Gladiator Germania« und gehörte zum Netzwerk des Totschlägers von Buxtehude. Seine neue Gang gab sich als »loyal bis in den Tod« aus.

Die »Deutschgläubigen« sind ungezählt, ihre Überzeugungen und Rituale nicht untersucht. Acht Jahrzehnte haben sie bereits überstanden. Als Gipfel seiner persönlichen Verstiegenheit aufgefasst soll Himmlers Religion sich selbst disqualifizieren. Als besage die fehlende Vernünftigkeit der Projekte von Joseph Smith oder L. Ron Hubbard etwas über ihren Erfolg. Auch für Mormonen und Scientologen gilt das »Credo quia absurdum« des Katholizismus, in dem Himmler erzogen wurde. So leicht sein Glaube lächerlich zu machen ist, versetzte er Leichenberge. Und bringt weiterhin den Tod.

»Historiker interessieren sich für Strukturen, nicht für Menschen«, wurde ich im Stadtarchiv zu Lüneburg abgefertigt. In diesem Zusammenhang ein fürchterlicher Satz. Auch Himmler scherten die Menschen nicht, die er seiner Vorstellung von großgermanischer Geschichte opferte. Professoren unterliegen denselben Verdrängungsmechanismen wie alle anderen. Ihre »Strukturgeschichtsschreibung« lieferte ein Alibi, sich der Zeitgeschichte, die ihre eigene war, nicht vollständig anzunehmen. Während die Zeitzeugen noch lebten, wurde an deutschen Universitäten gelehrt, sie seien ohne Belang.

Die Wissenschaft hielt sich an die von den Verbrechern selbst angelegten Akten. Die Schicksale und Charaktere, Lebensläufe und Motive der Mitwirkenden an den Mordprogrammen waren kein Thema, bis sie nicht mehr am Leben waren und belangt oder befragt werden konnten. Es war Journalisten und Historikern aus Großbritannien, USA und Israel vorbehalten, dieses Ahnenerbe gelegentlich aufzuarbeiten.

Ich machte einzigartige und wunderliche Erfahrungen. Bevor ich zur Sache kommen konnte, musste ich Verdächtigungen ausräumen: Neonazis und Andenkenjäger waren längst da gewesen, als ich mich nach Himmlers Ende erkundigte. In 30 Jahren bin ich bei keiner Recherche ähnlich abweisend behandelt worden und so oft im Zweifel geblieben, ob man nichts wusste oder nichts wissen wollte.

Die Rechtsabteilung im Lüneburger Rathaus verweigerte mir die Einsicht in eine am 21. August 1947 für Himmler ausgestellte Todesurkunde: aus Datenschutzgründen. Wessen Persönlichkeitsrechte betroffen sein sollten, wurde nicht verraten. Die von Gudrun »Püppi« Burwitz, die mit der »Stillen Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte« bis 1994 von Rotenburg/Wümme aus Massenmörder vor der Justiz schützte und als ihre »Lebensaufgabe« ansah, ihren Vater »vor der Welt in ein anderes Licht zu stellen«? Schließlich wurden mir ein paar Daten amtlich mitgeteilt. Todestag 24. Mai. Ob das komplette Dokumente diese Abweichung von den übrigen Quellen erklärt, soll ein Geheimnis bleiben.

Täterforschung etablierte sich erst ab 2000 an den deutschen Universitäten. Inzwischen hatten aus sicherer Distanz, nach dem Ableben der Erlebnisgenerationen, Schriftsteller und Träger prominenter Namen Abseiten entrümpelt, Tagebücher, Briefe, Fotoalben gesichtet und sich des NS-Erbes in Familienromanen angenommen. Ein Buch seiner Großnichte erschien drei Jahre vor der ersten Wortmeldung der Wissenschaft zu Himmlers Biografie.

Zu seinem Ende begnügt man sich mit Zitaten der Übersetzungen britischer Aussagen, als wäre die Angelegenheit in fremde Hände übergegangen. Fast ausnahmslos ausländische Autoren nehmen sich der Causa an, als stünde sie außerhalb der deutschen Geschichte.

Himmlers Untergang »zeigt blitzartig die Konturen seiner Persönlichkeit«, fand einer nach gründlicher Untersuchung. Der Psychoanalytiker Erich Fromm kam zum selben Ergebnis: »Himmlers Ende entsprach ebenso sehr seinem Charakter, wie sein Leben dies getan hatte.«

Für Historiker ist Himmlers Schlussstrich ein beliebiger Schnörkel und jedenfalls keine Signatur, sondern von fremder Hand hinzugefügt. Als wäre der letzte Lauf kein wesentlicher Teil seines Lebenslaufs und sein Ende ihm so zugestoßen wie in der am weitesten verbreiteten Legende sein Tod. Bis auf seine letzten 52 Stunden war seine Höllenfahrt ein selbst inszeniertes Drama, das unter Deutschen spielte.

In »Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui« zeichnete der Emigrant Bertolt Brecht die Nazis als Gangster. Sebastian Haffner beschrieb vom Exil aus, wie die »Etablierung einer Bandenmoral« in Deutschland vonstatten gegangen war. Später betonte er, Hitler sei zwar »eine Figur der politischen Weltgeschichte«, gehöre aber ebenso in die Kriminalchronik als Massenmörder in der »präzisen, kriminologischen Bedeutung« des Wortes. Direkter als der Diktator setzte sein Haupthandlanger Himmler die Reihe ihrer Zeitgenossen fort, der Serienmörder der Zwischenkriegszeit, von denen Deutschland eine Anzahl weltweit namhafter aufzuweisen hat.

Die Verwandtschaft belegte der 1933 von Nationalsozialisten ermordete Philosoph Theodor Lessing. Am Fall Fritz Haarmann stellte er dar, wie ein »Werwolf« auf die Billigung von Bevölkerung und Behörden vertrauen kann, solange er seine Opfer unter Auswärtigen und Ausgesonderten sucht. Lessings Bericht aus Hannover markierte die Bruchlinien der Zivilisation, entlang derer sie kein Jahrzehnt später zerbrach. Aus Verfolgung, Mord und Leichenverwertung, die Peter Kürten, Karl Denke oder Wilhelm Großmann als Handwerk ausübten, wurde im Dritten Reich eine Industrie.

Himmlers Geschichte gehört nicht neben die von Staatsmännern, so wenig wie die von Göring und Goebbels. Dennoch sind sie nie in die Kriminalchronik eingereiht worden. In einem beliebigen »Verbrecherlexikon« wird Himmler zwei Mal als Gesetzgeber erwähnt; Reinhard Heydrich als »Polizist« und Attentatsopfer; als Kriminelle namhaft gemacht werden niedere Schergen, die vor Gericht gerieten.

Der Exilant Robert Kempner verglich als Ankläger in den Nürnberger Prozessen die NS-Granden mit den Halunken, die er im Kriminalgericht in Berlin-Moabit kennen gelernt hatte, als die die braune Bewegung begann. Das »wahre Geheimnis« ihres Aufstiegs sei »Bluff! Bluff!. Es steckte wirklich nichts dahinter als das große Maul, das dem Publikum imponierte.« Ohne Uniform und Machtapparat, als Individuen in Zivil auf der Anklagebank sah er sie als das, »was sie immer waren: Kleine Strolche mit großen Erfolgen«.

Die Würden der Ämter hatten notdürftig dieselben Männer bekleidet, die zuerst als grölende Schläger der SA ins öffentliche Bewusstsein gestürmt waren. Als »Reichsleiter« und »Reichsführer« wurden aus den Banditen keine Staatslenker. Sie blieben Landsknechte und Piraten, Freibeuter der Freikorps, aus denen die ersten Parteisoldaten wie Himmler kamen.

Der britische Historiker Hugh Trevor-Roper, der sie wie Kempner aus der Nähe erlebte, erkannte »die Elite des Tausendjährigen Reiches als eine Bande aufgeblasener Clowns.« »Like a cheap little gangster«, wie ein billiger Ganove, gebärdete Himmler sich am Ende, meinte sein erster Biograf, der österreichische Exilant Willi Frischauer. Emigranten sahen notgedrungen schärfer, was die Mehrheit der Landsleute und deren Nachfahren nicht wahrhaben wollten.

»Das Ungeheuerliche wird von sehr durchschnittlichen, schwachen, unbedeutenden Männern begangen«, notierte Sebastian Haffner bereits 1940 im britischen Exil, noch bevor die Verbrechen begangen wurden, die das Image der »Nazi-Bestie« prägten. Im selben Jahr betonte der Exilant Konrad Heiden, der Umgang mit der Führerschaft gehabt hatte, deren »Mittelmäßigkeit«. Darauf ließ die deutsche Geschichtswissenschaft sich erst unter Protest ein, nachdem sie in den 1990ern von Kollegen aus den USA aufmerksam gemacht worden war.

Der »Verbrecherstaat« (Karl Jaspers) war kein Staatsgebilde, sondern ein Gemeinwesen, das unter die Räuber gefallen war. Der Krieg legte es lediglich rascher in Trümmer, als es auf zivilem Weg – wirtschaftlich, sozial und kulturell – geschehen wäre.

Kriminologisch sind die Nationalsozialisten Nachfahren der Räuber, die im kollektiven Gedächtnis verharmlosend als »Hotzenplotz« und »Schinderhannes« überdauert haben. »In dem letzten Jahrzehnt des 18. und im ersten des 19. Jahrhunderts […] spannt sich das Räuberunwesen wie ein einheitliches engmaschiges Netz über große Teile Deutschlands aus und arbeitet mit allen Mitteln des Terrorismus.«

Diese »Schreckensherrschaft« übernahm Gustav Radbruch zufolge Methoden des »système, régime de la terreur« im Paris der Revolution zwischen 1792 und 1794. »Von den Revolutionären mochten die Einbrecher neuen Stils auch gelernt haben, wie eine tatkräftige Minderheit eine passive Mehrheit vergewaltigen kann«, hieß es 1949 bei Radbruch, und er fuhr fort: »Von der eingeschüchterten Nachbarschaft kommt niemand den Opfern der Bande zu Hilfe, besonders dann nicht, wenn sie Juden sind.«

Radbruch unterschied die Räuberbanden vom »gewerbsmäßigen Gauner- und Verbrechertum«. Wenn der »Räuber wie er im Buche steht«, Johannes »durch den Wald« Bückler, sich »als ein Feind der Franzosen, der Juden und der Reichen« ausgab, wirkte diese Überzeugung an der Bandenbildung mit. Außer der Gier nach Geld und Gütern wie bei »organisierter Kriminalität« verband die Räuber ein Geist.

Sie waren Vorläufer von SA und SS und Ahnherren des Terrorismus, der mit Anschlägen und Attentaten die Macht zu erlangen versucht. Ihren Erfolg verdankten die Nationalsozialisten der Gewalt ebenso wie dem Bluff der Überzeugungen.

Nazis sind Wesen von einem anderen Stern und Verbrecher überhaupt immer das absolut Fremde. Dagegen schrieb schon Schiller an: »Wir sehen den Unglücklichen, der doch in eben der Stunde, wo er die Tat beging, so wie in der, wo er dafür büßet, Mensch war wie wir, für ein Geschöpf fremder Gattung an, dessen Blut anders umläuft als das unsrige, dessen Willen andern Regeln gehorcht, als der unsrige; seine Schicksale rühren uns wenig, denn Rührung gründet sich ja nur auf ein dunkles Bewusstsein ähnlicher Gefahr, und wir sind weit entfernt, eine solche Ähnlichkeit auch nur zu träumen.«

Schiller nahm sich keinen Verbrecher vor, in dem Leser ohne Umstände eine Ähnlichkeit erkennen könnten, sondern einen wie Himmler, den bereits zu Lebzeiten legendären Hauptmann einer Räuberbande.

Die grauenhaftesten Geschehnisse der Geschichte wurzeln in ganz gewöhnlichen Gedanken und Gefühlen. So unvergleichlich die Taten der Nationalsozialisten als Kollektiv, wuchsen sie als Individuen nicht über sich oder das menschliche Maß hinaus. Die schwarze Uniform verlieh keine Superkräfte des Bösen.

Bis dato werden die »Herrenmenschen« bevorzugt in ihren Lieblingsposen vorgestellt: in Uniform und auf Paraden, sofern Fotos und Filme vorliegen; als Amtmänner am Schreibtisch anhand der von ihnen hinterlassenen Akten. Inzwischen werden Himmlers Gehilfen zwar auch als »ganz normale Männer« betrachtet. Sie waren es jedoch nur bis zum ersten Mord. Danach unterschieden sie sich von denen, die keine oder eine andere Wahl trafen und »ordinary men« blieben.

Den tödlichen Befehlsnotstand, hinter dem sie sich versteckten, gab es nicht. Verweigerer mussten nicht einmal mit Nachteilen rechnen. Solange es genug Willige gab, wurden die Zaudernden in Ruhe gelassen. Auf die Normalität der Täter abzuheben, bekräftigt ihre Ausrede, andere hätten an ihrer Stelle ebenso gehandelt.

Eine so beliebte wie absurde Fiktion ist der bekenntnisfreudige Bösewicht. Nur im Schlussakt eines Thrillers legt der Mörder ungefragt und stolz ein Geständnis inklusive Selbstanalyse mit Phrasen aus dem Psycho-Baukasten ab. Von einem Gewaltverbrecher sind bündige Begriffe für seine Motive so wenig zu erwarten wie eine geschliffene Schilderung des Tatverlaufs.

In ausgedehnten Befragungen durch Polizisten und Psychiater und in einem wochenlangen Prozess ist über die Minute, auf die es ankommt, selten ein vernünftiges Wort zu erfahren. Das Böse erkennt und erklärt sich selbst nicht. Statt des in Psychologie promovierten Menschenfressers »Hannibal Lecter« begegnet man dem stammelnden Mann von nebenan. Was Himmlers Gehilfen zu sagen gehabt hätten, hat außer Neonazis kaum jemand zu hören bekommen.

Einer der letzten Überlebenden redete 2015 von sich wie Historiker über seinesgleichen. Das Landgericht Lüneburg verurteilte Oskar Gröning, 94 Jahre, für die Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen, die er als »Buchhalter von Auschwitz« leistete. »Dieser uns anerzogene Gehorsam verhinderte, die täglichen Ungeheuerlichkeiten als solche zu registrieren und dagegen zu rebellieren. Es ist nach heutigen Maßstäben nicht zu fassen«.

Andere Maßstäbe, andere Zeitläufte – andere Menschen? Ein Zeitungsredakteur der Urenkelgeneration sprang ihm bei und hielt die gerichtliche Feststellung einer persönlichen Schuld für überflüssig – wie ein namhafter Historiker im Rundfunk. »Was hatte Gröning für eine Wahl? Hätte er sich gegen das Hitler-Regime stellen sollen? Dann wäre er sofort erschossen worden.« Aus einem von Himmlers Auserwählten wurde ganz nebenbei ein verhinderter Widerstandskämpfer.

Mit drei Wünschen wie im Märchen hielten die Deutschen durch: dass ihr Widerstand die Angreifer aufhalte; dass deren Koalition zerbreche und die Westmächte sich mit dem Reich gegen den gemeinsamen »bolschewistischen« Feind verbünden würden; dass »Wunderwaffen« entscheidende Entlastung brächten.

»Ein Großteil des Volkes hat sich daran gewöhnt, nur noch für den Tag zu leben. Viele gewöhnen sich an den Gedanken, Schluss zu machen. Die Nachfrage nach Gift, nach einer Pistole und sonstigen Mitteln, dem Leben ein Ende zu bereiten, ist überall groß.« Der letzte Stimmungsbericht, den Otto Ohlendorfs Ohren vom »Sicherheitsdienst« SD erlauschten, wurde nicht mehr verteilt.

Für die oberen Ränge war der Bedarf an Gift und Pistolen gedeckt. Acht Gauleiter, 53 Generäle des Heeres und 14 der Luftwaffe, elf Admiräle und sieben von 47 »Höheren SS- und Polizeiführern« flohen in den Tod.

Das Kommando der Heeresgruppe Weichsel hatte Himmler nach acht Wochen abgegeben und sich mit Grippe nach Hohenlychen zurückgezogen. Die Klinik war 1902 vom Roten Kreuz gegründet und 1933 von der NSDAP übernommen worden. Ab 1936 gehörte Himmler zum Vorstand. Chefarzt war sein drei Jahre älterer Jugendbekannter und Freikorps-Kamerad Karl Gebhardt.

Er hatte der Entourage das Gift Anfang April in Hohenlychen ausgehändigt: »Enthält Blausäure. Sofort tödlich, wenn man darauf beißt.« – »Ein solches Zeug soll man mal fressen!«, soll Himmler kommentiert haben.

»Der dümmste Begriff im ganzen Sprachvorgang«, sagte Gebhardt über »Rasse« zu seinen Richtern in Nürnberg 1947. Weltanschauung war allerdings nicht wesentlich für ihn, als er sich Himmler anschloss. Zwar gehörte er 1923 zum Fußvolk bei Hitlers Putschversuch. Sobald aber seine berufliche Karriere als Chirurg anlief, erlahmte sein politisches Engagement. Nach der Machtübernahme brachte er sich beim RFSS in Erinnerung. Der schenkte ihm den einen Zentimeter, um den er die Norm für Körperlänge von 1,70 Meter für den Zutritt zum Schwarzen Orden verfehlte.

Als »Oberster Kliniker« der SS genehmigte und überwachte Gebhardt die »medizinischen Experimente« in den Lagern. An denen im Frauen-Lager Ravensbrück, 12 Kilometer von Hohenlychen, beteiligte er sich selbst. Den »Versuchskaninchen« wurden Verletzungen zugefügt, um Mittel gegen Wundbrand zu testen.

Gebhardts Kollegen waren meist »Laborratten«, die am lebenden »Objekt« übten, Scharlatane und Stümper. Er selbst war Mörder sowohl wie als Heiler eine Kapazität. Hohenlychen erlangte als Sport-Sanatorium internationalen Ruf. Während Himmler sich in der Klinik lediglich erholte, war sie für die Oberklasse aus Europa eine erste Adresse bei ernsten Erkrankungen. Gebhardt leitete die medizinische Betreuung bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936.

Er wurde in die Kommission berufen, die nach Nemmersdorf geschickt wurde. Mit »Wochenschau«-Filmen und Zeitungsfotos vom ersten Massaker auf Reichsgebiet, das die Rote Armee im Oktober 1944 verübt haben sollte, wurde von der Propaganda die Angst vor den »Mongolenhorden« geschürt. Erzählungen über den Tod der 26 Zivilisten sind inzwischen als Erfindungen entlarvt.

Karl Gebhardt in Nemmersdorf (Zeichnung: urian)

In einem neuen und hoch gelobten Buch steht: »Gebhardt – der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes war und zugleich Experimente an weiblichen KZ-Häftlingen durchführte – war durchaus zuzutrauen, dass er [die Leichen] so herrichten ließ, bevor die Fotografen eintrafen.« Bei solchen Mutmaßungen ist umso mehr Sorgfalt geboten, weil Revisionisten das ostpreußische Dorf für die »Verbrechen an den Deutschen« reklamieren und Neonazis nach »Rache für Nemmersdorf« schreien. Präsident des Roten Kreuzes war Gebhardt nicht, als er die Tatsachen vielleicht fälschte. Das Amt, das er am 23. April 1945 von Hitler im Bunker erbat, sollte ihm bei der Flucht helfen.

Manche hielten Gebhardt für Himmlers »bösen Geist«. Karl Wolff, langjähriger Vertrauter des RFSS, und Rüstungsminister Albert Speer, die bei Gebhardt in Behandlung waren, behaupteten später, er habe sie schädigen, gar umbringen wollen. Es heißt, sein Ansehen bei Himmler soll durch die Behandlung von Reinhard Heydrich gelitten haben.

Gegen den Wundbrand, dem der Meisterschüler nach einem Attentat in Prag 1942 erlag, setzte Gebhardt die Sulfonamide ein, mit denen er in Ravensbrück experimentierte. Spät aber immerhin bedankte Himmler sich für die Betreuung Heydrichs, die »seine letzten Tage so unendlich leicht und schön gemacht« habe. »Der Uralte hatte das nun anders bestimmt. Dagegen konnte keine ärztliche Kunst an.«

Gebhardt stand Himmler in einer Herzensangelegenheit bei. Dessen Zweitfrau, seine frühere Sekretärin Hedwig Potthast, gebar in Hohenlychen ihre beiden Kinder. Christliche Monogamie hielt Himmler für ein Verbrechen am »Volkskörper«. Die »Doppelehe« sollte für die Frauen ein »Ansporn« sei, »dem Idealbild in jeder Beziehung nahezukommen, die Haare auf den Zähnen und die Schwammigkeit werden verschwinden.«

»Häschen« war doppelt so viele Jahre jünger als »Marga« älter war als »König Heinrich«, der sich die Mätresse mit Ende 30 zulegte. Ein im selben Jahr 1938 erlassenes Gesetz erleichterte die Scheidung. Zerrüttung der Ehe, Verweigerung der Fortpflanzung und Unfruchtbarkeit wurden als Trennungsgrund anerkannt. Noch 1944, als das Ende bevorstand, bemühte Himmler sich um die Legitimierung des Ehebruchs.

Hohenlychen war der heimeligste seiner wechselnden Aufenthaltsorte. Die Zweitfamilie brachte er zunächst in der Nähe der Klinik unter. Nachbarn waren seine Nummer Eins, Hauptbuchhalter Oswald Pohl, und dessen Gattin, die von Himmler verkuppelt worden waren. Unweit auch das Gut Hartzwalde des Masseurs und »Beichtvaters« Felix Kersten. In einer Droschke, erzählte Eleonore Pohl, holte sie Himmler vom Bahnhof Düsterförde ab und kutschierte ihn zum Stelldichein im Jägerhaus von Häschens Anwesen.

Im Krieg wurde die Klinik zum Lazarett. Am Ende waren die 1000 Betten in 15 Gebäuden mit versehrten Soldaten belegt. Unter dem Dach der roten Kreuze, die vor Luftangriffen schützen sollten, wurde die Kommandostelle des RFSS ausgebaut und befestigt. Die Fluchtburg zur inneren Einkehr wurde eine Festung.

»Und lassen Sie mich versichern, dass unser Führer im Frühling seiner Gesundheit steht.« Zum Geburtstag log Goebbels gegen Gerüchte an, Hitler sei schon tot. Keine öffentlichen Auftritte, keine »Wochenschau«-Bilder, keine Reden im Radio. Unsichtbar wie ein Gott.

Goebbels im Radio und Walter Schellenberg (Zeichnung: urian)

Obwohl er nie einen brauchte, stand mit Karl Brandt ein Chirurg für Hitler bereit. Nach einem Streit mit Leibarzt Theodor Morell wurde er nicht nur entlassen sondern zum Tode verurteilt. Seinen Posten nahm ein Schüler Gebhardts ein. Doch statt den Zwecken des RFSS zu dienen, verfiel Ludwig Stumpfegger der Faszination des Führers.

Schüttellähmung, vielleicht Progressive Paralyse, versuchte Walter Schellenberg Himmler zum Staatsstreich zu überreden: Hitler sei so hinfällig, dass seine Ermordung ein Gnadentod wäre. Später lobte Schellenberg sich dafür, Himmler zum Giftmord an Hitler beschwatzt zu haben.

Heinrich Himmler in Berlin 1945 (Zeichnung: urian)

Seine Memoiren bildeten die Basis für Legenden, die ins Kraut schossen, bevor 2003 erstmals ein deutscher Wissenschaftler Schellenberg in Englisch porträtierte. Angeblich ließ er sein eigenes Büro abhören und hatte Maschinenpistolen in den Schreibtisch eingebaut. Schellenberg hatte sich den Geheimdienst wie in einer Spionagegeschichte vorgestellt und wurde als Star-Spion der SS in das Inventar des Genres übernommen. »Schneidig und gutaussehend, und er hatte Stil«, präsentiert ihn ein »Nazi-Thriller«. Die Leichen, über die er ging, waren nur Steine in seinem spannenden Spiel.

1934 mit 24 Jahren zum SD gekommen hielt der Jurist sich eng an seinen Chef. »Schellenberg war ein genau so krankhaft ehrgeiziger Mensch wie Heydrich«, fand ein Kollege. Andere Bürokraten des RSHA wurden von Heydrich als Kommandeure von »Einsatzgruppen« und »Einsatzkommandos« eingesetzt. Nach Diffamierung, Ausgrenzung und Gettoisierung begannen sie im Sommer 1941 mit der Auslöschung des Judentums. 3000 Männer von SD und Gestapo, ergänzt durch Waffen-SS und Ordnungspolizei Orpo, machten Jagd auf »Zigeuner, Banditen, Kommunisten, Kriminelle, Geisteskranke, Asoziale« und vor allem fünf Millionen Juden.

Grundsätzlich hatte Schellenberg gegen die Ausrottung der Juden nichts einzuwenden. »Da aber nur ein Drittel in unserer Hand war, die übrigen aber außerhalb unseres Machtbereiches lebten, sei die Art der Behandlung der Juden schlimmer als ein Verbrechen, es sei eine Dummheit gewesen.«

Heydrichs Fechtpartner befehligte keine Exekutionen, sondern traf die Verabredungen mit der Wehrmacht für das Vorgehen der Todesschwadronen im Rücken der Front gegen die Sowjetunion. Wenigstens 600.000, vielleicht doppelt so viele Menschen wurden bis Ende 1942 ermordet, an denen Schellenberg seinen Anteil hatte. Nach Heydrichs Tod spielte er sich auf und gab seit 1943 als Pudel auf Himmlers Schoß den Mephisto.

»Ein sehr netter Mensch«, fand Robert Kempner, der 1949 in Nürnberg die Anklage gegen ihn vertrat, »also ein umgänglicher Mensch, man will ja nicht so einen sturen Angeklagten haben.« Seine »Aktion Zeppelin« hatte Schellenberg abgeschlossen, indem er die arabischen Agenten, die bei ihrer Rückkehr nach Berlin auf Belohnung hofften, erschießen ließ. Zu Kempner sagte er über einen Mord: »Das musste ich ja. Der Mann war tuberkulös.« Und zum zweiten: »Das war ein Homosexueller.«

»Himmler mochte Schellenberg sehr gern«. Gab einer zu Protokoll, der sie oft zusammen erlebte. Dr. jur. Rudolf Brandt, Persönlicher Referent, Befehlsabzeichner und Befehlsgeber »im Auftrage«. Himmlers rechte, seine Schreibhand. Als wandelndes Notizbuch sammelte Brandt elf Jahre lang die Sekrete des RFSS.

Ein unscheinbarer Mann und übersehen als Schaltstelle im mächtigsten Terror-Apparat der Geschichte. 1909 in Frankfurt/Oder geboren. Parteigenosse seit 1932. Der Parlamentsstenograf kam zur SS, als er 1933 eine Stellung im Führungsstab des Ordens erhielt. Seine Fertigkeiten fielen Himmler auf, der selbst die Gabelsberger Kurzschrift beherrschte.

Den »umgedrehten« RFSS wollte der Super-Spion Schellenberg den Siegern als Visitenkarte überreichen. Brandt: »[… ] was er vorbrachte und was Schellenberg mir auch von seinen Bemühungen erzählt hat, hatte Hand und Fuß und war mehr Oder weniger auch gegründet auf seine Nachrichten, die er durch sein Büro und seinen Nachrichtendienst bekam und das ihn zu der Überzeugung kommen ließ, nun Himmler zu bitten eine andere Überzeugung anzunehmen.«

»Franz-Seldte-Haus« prangte am Hauptquartier des »Stahlhelm – Kampfbund für Europa« in Jork bei Hamburg auf einem von der Straße aus sichtbaren Schild. Das sei in Ordnung, meinte der Staatsanwalt; den kenne ja keiner. »Heinrich-Himmler-Haus« dürfe da nicht stehen, scherzte er. Ich wusste noch nichts über Seldtes Verbindung mit Himmler und blieb eine Erwiderung schuldig.

Der 1983 als gemeinnützig eingestufte Verein übte nach Ansicht des Verfassungsschutzes eine »Scharnierfunktion« aus für die NN-Szene. Es ist unanständig, »Rechtsextreme« oder »-radikale«, »Rechtspopulisten« und »Neue Rechte« mit ihren Vorläufern zu assoziieren. »Neonazis« markiert eine Erbfolge, die es nicht geben soll. Als ich Himmlers Nachfahren näher kennen lernte und sie Zeichen an Schauplätzen seines Heimgangs setzten, musste mir auffallen, wie Behörden und Medien die Beziehungen zwischen Geschichte und Gegenwart unterschlugen, die von Politikern desto leichter geleugnet werden konnten.

Im Alten Land trat der »Stahlhelm« in vollem Wichs auf dem Schützenfest und beim Osterfeuer auf: »Lasst uns gemeinsam, wie unsere Ahnen, durch unsere deutschen Dörfer und Städte marschieren.« – »Auf den Opfern und auf den Waffen beruht der Sieg!«

Nachbarn sahen morgendliche Appelle zum Hissen der Reichskriegsflagge. Hörten »Front-Heil«-Rufe, wenn Kampfgenossen aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Saarland, Rheinland-Pfalz und Flandern (Belgien) an Ostern und Pfingsten zu »Biwaks« auszogen und mit Kindern »Wehrsport« trieben. Nachdem Kameraden beim Waffenschmuggel an der belgischen Grenze erwischt worden waren, löste der »Stahlhelm« sich 2000 pro forma auf, um das Vereinsvermögen zu retten.

Seldtes Beziehung zu Himmler rührt aus dessen letzten Tagen und verweist auf das weitgehend vergessene Schlusskapitel des Dritten Reichs. Es endete nicht mit dem Suizid des Anführers oder der militärischen Kapitulation. Als Reichspräsident von Hitlers Gnaden und Konkursverwalter agierte Karl Dönitz bis zum Morgen von Himmlers Todestag. Über den Einfluss, den dieser durch seine Gehilfen in der Geschäftsführenden Reichsregierung, der Seldte angehörte, kann gerätselt werden anhand dessen, was die Beteiligten nicht gesagt oder geschrieben haben, worüber sie Legenden verbreiteten und wozu sie nie näher oder gar kritisch befragt wurden.

Seldtes Tod im Gefängnis 1947 verhinderte, dass er als Hauptangeklagter in Nürnberg die Bekanntheit erlangte, die es verboten hätte, ein Haus nach ihm zu benennen. Er hatte 1918 den »Stahlhelm« gegründet und war dafür, dass er ihn in die SA überführte, zum Arbeitsminister ernannt worden.

Am 19. April 1945 konspirierte er mit Himmler, Schellenberg und dem Grafen Schwerin von Krosigk in dessen Berliner Büro über die Zeit nach Hitler. Der Graf war seit 1932 Finanzminister und von Hitler übernommen worden. Das Kabinett tagte nur gelegentlich, seit 1938 gar nicht mehr. Aus Himmlers Hand erhofften seine Mitverschwörer die verlorene Macht.

Seldte schlug Führers Geburtstag als Termin für die Machtergreifung des RFSS vor. Schellenberg sah sein Spiel gewonnen. Am Abend in Hohenlychen rief Himmler die Ordonnanz und bestellte Sekt.

— Den trinken Sie doch sonst nicht.

— Es ist gleich zwölf, wir stoßen natürlich auf den Geburtstag des Führers an! Und morgen überbringe ich ihm persönlich meine Glückwünsche.

Himmler und Schellenberg in Hohenlychen (Zeichnung: urian)

Am Vortag war Karl Wolff in Hohenlychen zum Rapport angetreten. Er hatte den Persönlichen Stab aufgebaut und geleitet. Seit Kriegsbeginn Verbindungsmann zum Führer war er inzwischen Höchster SS- und Polizeiführer in Italien. Himmler warf ihm »Defätismus« vor, weil er seine Familie in Sicherheit gebracht habe.

Er selbst hatte seiner Schwägerin zur Flucht verholfen und mit Freunden in der italienischen Polizei Abmachungen für Ehefrau und Tochter getroffen. Sie wurden am 13. Mai in der Nähe von Wolffs Hauptquartier in Bolzano (Südtirol) festgenommen, angeblich verraten von SS-Leuten.

Am 17. April meldete Himmler sich brieflich bei ihnen: »Der Uralte wird uns und besonders das brave deutsche Volk behüten und uns nicht untergehen lassen.« Am 19. April telefonierte er zum letzten bekannten Mal mit Häschen.

RSHA-Chef Ernst Kaltenbrunner verlangte die Verhaftung Wolffs, weil er mit den US-Amerikanern konspiriert habe. Himmler schaute rührungslos zu, als die Gehilfen stundenlang miteinander rangen. Wolff berief sich auf Hitler, der seine Unterhandlungen abgesegnet habe. Himmler ließ die Streithähne in der Nacht zur Reichskanzlei fahren und den Obersten entscheiden. Ihn konnte Wolff mit seinen Unschuldsbekundungen überzeugen.

Im März hatte er sich zwei Mal in Zürich mit Allen W. Dulles getroffen, dem Leiter des Geheimdienstes OSS. Zurück in Italien setzte er seine Kapitulationsverhandlungen fort. Kaltenbrunners Anbiederungsversuche waren von Dulles abgewiesen worden.

Am 20. April nahm die US-Armee Nürnberg ein. Ihre Begegnung mit den Sowjets, die Deutschland teilen würde, stand bevor. Die Briten erreichten Bremen und Hamburg. Während SS-1 zum Geburtstagsempfang fuhr, beschossen alliierte Tiefflieger in der Gegend seines Heimgangs, am Bahnhof von Kutenholz-Mulsum, einen Zug mit 400 Häftlingen.

Ihre Freilassung gemäß der von Schellenberg angeregten Kombination aus Friedensfühlern und Gefangenenschacher würde Himmler am nächsten Tag verfügen. 15 Getötete wurden auf den Friedhof von »Stalag X B« umgebettet, den Himmlers Erben mindestens zwei Mal schändeten, 1975 und 2000.

17 Uhr. Garten der Reichskanzlei. Auszeichnung von Abgesandten aus Wehrmacht, Waffen-SS und HJ. »Für den Endkampf steht Ihre Jugend bereit«, verkündete »Reichsjugendführer« Arthur Axmann. Hitler sagte: »Wenn im Kampf nur alle so tapfer wären wie diese Jungen! Unser Glaube, dass die Schlacht in Berlin gewonnen werden kann, muss ungebrochen bleiben. Heil euch!« Die Angesprochenen schwiegen.

Einer der prämierten Jünglinge beschrieb Himmlers Auftritt: »Himmler hatte eine glänzende, weiche Haut und wirkte geradezu feminin. Jedenfalls hatte er nichts Soldatisches oder Athletisches an sich. Niemand hätte ihn für einen Haudegen halten können. Unter all den Offizieren wirkte nur Reichsleiter Martin Bormann noch schlaffer. Er betonte, wie kritisch die folgenden Tage sein würden, aber er habe Hitler zugesichert, dass die Waffen-SS wie stets heldenhaft ›bis zum letzten erforderlichen Opfer‹ kämpfen werde.«

»Sie werden Junker der Waffen-SS, das ist doch klar! Wir sehen uns ins Tölz!«

»Jawohl, Reichsführer, ich gehöre bereits zur Waffen-SS!«

»Was? Sie sind kein Hitlerjunge im Volkssturm?«

»Das war ich, als ich das Eiserne Kreuz bekam. Inzwischen ist unsere Kampfgruppe in Fürstenwalde aber von der Waffen-SS übernommen worden.«

»Warum sind Sie dann nicht in der Waffen-SS-Uniform angetreten?«

»Gestern haben wir in der Reichsjugendführung für diesen Empfang HJ-Uniformen erhalten.«

»Darüber muss ich mit Axmann sprechen.«

17.30 Uhr. »Mein Führer! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Auch im Namen der SS alles Gute!«

»Das klang mir gegenüber den früheren Erklärungen Himmlers sehr kühl.« Axmann mutmaßte, er nehme es übel, dass Hitler ihm das Kommando der Heeresgruppe Weichsel entzogen hatte. Hochverrat im Herzen dämpfte Himmlers Begeisterung. Hitler übergab das Oberkommando im Norden an Großadmiral Dönitz und wies Himmler an, diesem zu folgen. Himmler war in Hast, sich zu retten. Trotz schwerer Bombenangriffe machte er sich auf den Weg aus der Stadt.

Die Verbrechen gingen weiter, indem die Spuren der früheren getilgt wurden. Lager und Gefängnisse wurden geräumt, Häftlinge als Zeugen beseitigt. In der Nacht zum 21. April wurden 20 jüdische Kinder zwischen sechs und 12 Jahren und ihre Betreuer im Keller der Schule am Bullenhuser Damm in Hamburg erhängt. Kurt Heißmeyer, Oberarzt für Tuberkulose in Hohenlychen, hatte die Kinder mit besonderer Genehmigung Himmlers in Neuengamme für »Experimente« missbraucht.

Er praktizierte unangefochten als Facharzt in Magdeburg, bis ein Zeitungsartikel ihn 1959 mit dem Kindermord in Verbindung brachte. Der Inhalt einer Kiste, die er in Hohenlychen vergraben hatte, sollte ihn entlasten. Aber die Dokumente bewiesen nicht die Wissenschaftlichkeit seiner Menschenversuche, sondern das »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, für das Heißmeyer 1966 in der DDR zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt wurde. Die bundesdeutsche Justiz in Hamburg gab sich 40 Jahre lang Mühe, Arnold Strippel, den SS-Befehlshaber der Kindermörder, nicht zur Rechenschaft zu ziehen.

Anmerkungen

Dienstkalender: P. Witte et. al. (Hg.), Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1941/42, Hamburg 1999, 462; im Original fälschlich »Rothenburg«.
Zweitfrau: »Es gelingt ihr tatsächlich, als Himmlers Geliebte, Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder zu verschwinden.« (D. Schmitz-Köster, Kind L 364, Berlin 2007, 199 f.) »Leider wissen wir über die Beziehung zwischen Hedwig Potthast und Heinrich Himmler so gut wie nichts.« (P. Longerich, Heinrich Himmler, München 2008, 482).
Größere Geister: Blavatsky (Theosophie), Steiner (Anthroposophie), Guido List alias von List (Ariosophie), Adolf Josef Lanz alias Jörg Lanz von Liebenfels (ONT, Ostara). – Der Kriminalroman von H. Gilbers, Odins Söhne, München 2015, der im März 45 spielt, legt Kenntnisse über die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, die aus späterer Forschung zusammen geklaubt wurden, einem dänischen Journalisten in den Mund. Mythen werden installiert, die Mythen betreffen und diese unweigerlich bekräftigen, indem sie ignorieren, dass die als erhellt gezeigten Zusammenhänge für Zeitgenossen okkult waren. Ähnlich wie bei der faktischen Rolle der Wewelsburg für Heinrich Himmler (= HH) und die SS.
T. Snyder, Bloodlands, München 2013.
Zeitung zit. n. R. Roussel, In Havanna, Frankfurt/M.-Paris 1982, 90.
Form des Reimens: M. Butor, Repertoire 3, München 1965, 100.
In Frankreich ist → Roussel Schullektüre. Duchamp und Dalí bezogen sich auf ihn als Vorbild, Breton und Foucault studierten seine Schreibmethode. Seine Ursprungssätze sind im Deutschen unmöglich, aber auch im Französischen unhörbar. Ein Paar enthüllte er selbst: »Les lettres du blanc sur les bandes du vieux billard« (Die Buchstaben aus Weiß auf den Randstreifen des alten Billardtischs) / »Les lettres du blanc sur les bandes du vieux pillard« (Die Briefe des Weißen über die Banden des alten Plünderers). K. Bayer hat in der kopf des vitus bering die Methodik ins Deutsche übertragen. (→ Literatur als Schachspiel)
Wunschmaschine: G. Deleuze / F. Guattari, Anti-Ödipus, 3. Aufl. Frankfurt/M. 1981, 25 ff.
Thermosflasche: J. Cocteau über eine Begegnung in der Entziehungsklinik, zit. n. Roussel, In Havanna, 98.
Nichts Privates: »Je mehr Himmler seine persönlichen Maximen auf die Führung der SS übertrug, je stärker er mit seinem Amt verwuchs, desto mehr verschwand denn auch die private Person hinter der Funktion als Reichsführer-SS: so etwas wie ein Privatleben hatte Himmler kaum mehr.« (P. Longerich, Heinrich Himmler, München 2008, 12) Das ist so richtig wie schief beschrieben. Spät und verwundert stellt die Wissenschaft fest, »dass Himmlers persönliche Vorlieben, Aversionen und diverse Marotten die Organisation und Führung der SS tief prägten und tatsächlich strukturbildend wirkten«. Historiker hatten sich bis dahin für Strukturen, nicht für Menschen interessiert – als gäbe es in der Geschichte nicht von Menschen geschaffene Strukturen. – Zum Holocaust-Gedenktag 2014 wurden 700 Briefe HHs an seine Gattin als Sensation veröffentlicht (welt.de/geschichte/himmler). Sie seien wissenschaftlich wertlos, weil sie keine Reflexionen über die Shoah enthalten, erklärte ein Historiker im Feature der führenden Nachrichtenagentur (W. Benz bei dpa, Febr. 2014). Anderswo wurde in dieselbe Kerbe geschlagen: Briefe eines Massenmörders sei das Begleitbuch betitelt, »nur der Massenmörder taucht in den Briefen nicht auf«, bemerkte ein Rezensent (Deutschlandfunk 24.2.14.). Wohl tut er das, wenngleich nicht so, wie es von denen erwartet wird, die Verbrecher nur aus Film und Fernsehen kennen. Dass HH gegenüber seiner Ehefrau zu seiner Mordsarbeit schwieg, konnte niemand verblüffen, der über ihn mehr weiß als eine Web-Enzyklopädie bereitstellt. Auschwitz wird in der Brief-Edition nicht geleugnet, das wäre strafbar, aber ausgeblendet. Die Publikation bewerkstelligte eine Zeitung, die seit je revisionistischen Positionen in die Welt gesetzt hat. In den Briefen steht HH als Biedermann vor einem gewissermaßen geschwärztem Hintergrund, losgelöst von seinen Taten. Im Feuilleton einer angesehenen Zeitung (Süddeutsche Zeitung 24.1.14) wurden Argumente für die Bedeutungslosigkeit der Briefe gehäuft. Erstens habe es bereits »fünf Jahrzehnte wissenschaftlicher Forschung« nach »privaten Details« gegeben; es sei mithin nichts Neues mehr zu erfahren. Tatsächlich sind HHs »Details« bis heute unbekannt und werden auch nicht durch die Briefe enthüllt. Zweitens seien die »Details« bereits enthalten im Buch von Kersten. Der sah HH zwar in Unterhose, aber er schrieb keineswegs darüber; die Gattin kommt so wenig vor wie die Geliebte. Drittens sei es gleichgültig, ob man es mit Dokumenten oder Fälschungen, Legenden oder Wahrheiten zu tun habe. Dem Feuilletonisten erschienen die Briefe anhand der »bisher bekannt gewordenen Zitate […] von ähnlicher Belanglosigkeit wie die Flatulenzen Hitlers«, mit denen Konrad Kujau seine »Tagebücher« füllte. (→ Kujaus Hitler-Tagebücher) Dass die Briefe zutreffende Schlüsse auf den Schreiber und nicht auf einen Betrüger ermöglichen, bedeutete dem Medienvertreter nichts. Bei Kujau war Hitler schreibwütig, während er das exakte Gegenteil war, jede Form schriftlicher Aufzeichnung bis auf die Paraphe mied und Notizzettel unverzüglich vernichten ließ. Seine literarische »Blähsucht« war Blödsinn; HH hingegen litt allerdings daran. Die »Hitler-Tagebücher« dienten dem Feuilleton weiterhin als Beleg, dass sich seit den Nachkriegsjahren im Umgang mit der NS-Geschichte nichts geändert habe. Damit wird die Hemmschwelle negiert, die der Kujau-Coup markierte. Seit sich 1983 eine Illustrierte mit ihrer Nazi-Story unsterblich blamierte, war der Branche insgesamt die Lust vergangen, eine solche sensationell aufzumachen. Ging eine NS-Geschichte durch die Weltpresse, fand sie in Deutschland das geringste Echo. 30 Jahre lang traute sich niemand, mit den Aufzeichnungen eines Nazis Aufsehen zu erregen. Im TV-Begleitprogramm der Brief-Edition ging eine Dokumentation selbstverständlich auf HHs vermeintliche Ermordung ein. Verschwörer und Neonazis, Historiker und Feuilletonisten ziehen am selben Strang. Die einen schaffen den Mythos, dessen Existenz die anderen vehement bestreiten und ihn dadurch bekräftigen.
Der Historiker meinte auch, der Respekt der Untergebenen sei »heute noch ein psychologisches Rätsel« (M. H. Kater, Das »Ahnenerbe« der SS 1935–1945, Stuttgart 1974, 351). Es hätte nie eines sein müssen, wären die Betreffenden je kritisch befragt worden. H. V. Dicks, T. Segev und G. Sereny haben es getan, als einziger Deutscher J. v. Lang. HH suchte sich die Richtigen aus: »sehr durchschnittliche, schwache, unbedeutende Männer« (Haffner). Wie Heydrich, um den sich ein eigener Mythos gebildet hat. »HHHH« soll in den Korridoren des RSHA gehöhnt worden sein: »Himmlers Hirn heißt Heydrich«. Doch nach seinem Tod brachen weder die »Marionette« RFSS noch der Apparat zusammen. Stattdessen »beschleunigte sich der Massenmord«, nachdem HH Heydrichs Ämter übernommen hatte. Drei Jahre lief der Betrieb ohne die »blonde Bestie« bestens. Heydrich sieht auf Fotos und in Filmen gefährlicher aus, war HH aber nicht nur formal unterstellt, sondern charakterlich unterlegen. Ihr Verhältnis spiegelt sich in dem »Missverständnis«, auf dem ihre Beziehung beruhte, das von HH und Heydrichs Witwe übereinstimmend erzählt wird. Heydrich hatte sich als »Nachrichtenoffizier« beworben und erfuhr erst beim Vorstellungstermin 1931 in Waltrudering, dass damit die Führung eines parteiinternen Spitzeldienstes gemeint war. Er stellte richtig, in der Marine nur Funkoffizier gewesen zu sein. »Das stört mich gar nicht«, erwiderte HH. »Setzen Sie sich in das Zimmer hin, ich komme in einer Viertelstunde wieder; schreiben Sie auf, wie Sie sich einen Nachrichtendienst der NSDAP vorstellen.« Heydrich verfasste etwas, das wie ein militärischer Befehlsentwurf gegliedert und seiner Lieblingslektüre, englischen Spionageromanen, nachempfunden war. Als er bei HH vorstellig wurde, war er im buchstäblichen heulenden Elend. Der RFSS überzeugte sich von der Fügsamkeit und Anstelligkeit des Aspiranten. Ein Anschein von Sachverstand genügte beiden. Heydrichs Aussehen war eine Zugabe, die in die Nachwelt ausstrahlt, die sich damit begnügt.
Euthanasieaktion: E. Klee, »Euthanasie« im Dritten Reich, Frankfurt/M. 2010, 327.
Filbert 19.2.65 in Strafakte G. Wolters 1964–66, Rep. 171a Stade, Nr. 819, Bd. I–V im Nds. Landesarchiv Stade, hier Bd. I; zit. n. Der Kurier 17.5.62.
Vor Gericht zit. n. Der Abend 22.5.62, Augsburger Allgemeine 23.5.62.
Minsker Rede: E. Lamprecht 8.2.65 in Wolters-Akte Bd. V.
Während diese Blätter entstehen, ist am Kiosk eine »exklusive« Serie über »Himmlers letzte Geheimnisse« zu erstehen, die wieder gefundenen Dienstkalender 1938, 1943 und 1944. Zum »Alltag des Massenmörders« wird Karl Wolff mit der Story zitiert, dass HH in Minsk Gehirn aus der Grube auf den Mantel gespritzt und ihm davon übel geworden sei (BILD 3.8.16). J. v. Lang, Der Adjutant. Karl Wolff, Frankfurt/M.-Berlin 1989, von dem die Zeitung die Geschichte hat (172), glaubte sie nicht. Offenbar leuchten Wolffs Gründe, HH zimperlich zu zeigen, der Nachwelt nach wie vor ein. Insofern ich selbst eine Weile für das Blatt gearbeitet habe, kann ich nachvollziehen, warum gerade diese Anekdote herausgestellt wurde. Die Symbolik hätte ich mir auch nicht entgehen lassen. Aber HH hat den Opfern gewiss nicht näher gestanden als die Schützen, die sehr wohl Acht gaben, dass ihnen Blut und Dreck nicht die Uniform versaute.
Gefangene zit. n. A. Burger, Des Teufels Werkstatt, München 2007, 66; G. Knopp, Die SS, München 2002, 118.
Als Schuldiger im Schatten erscheint Dr. Mabuse in einem Nachkriegs-Film von Fritz Lang.
Die Himalaya-Expedition dauerte von April 1938 bis Aug. 1939. Sie wurde vom Werberat der Deutschen Wirtschaft und Sponsoren finanziert, deren einer HH war. Seiner Absicht nach hätte sie herausfinden sollen, dass die Bewohner von Atlantis von ihrem versinkenden Kontinent auf das tibetanische Hochland geflohen seien, um eine Kultur zu gründen, von der Europa aus kolonialisiert wurde. HH scheiterte damit, die Reise in seine Regie zu nehmen, und sie verfolgte schließlich andere Ziele. Geleitet wurde sie vom Ahnenerbe-Mann Ernst Schäfer (1910–92), der seine Karriere nach 1945 als Kustos des Niedersächsischen Landesmuseums in Hannover fortsetzte.
Grothmann: Personakte BDC SSO im Bundesarchiv Berlin; Report of interrogation of W. Grothmann 16.6.45, Record of the Army Staff, Record Group 319, Entry 134B (Himmler, XE 00 06 32) in National Archives and Record Administration, Washington D. C.; Interview W. Grothmann durch H. Buchheim Okt. 51 im Institut f. Zeitgeschichte ifz-muenchen/archiv/zs/zs-0706.pdf.
Esoterische Sendung: 1962 erschien Le Matin des Magiciens von Pauwels/Bergier, das die Richtung vorgab. Als erster befasste sich 1974 der kanadische Wissenschaftler Kater mit der »Geisteswissenschaft« der SS; sein Buch ist bis heute singulär.
Totschlag Busbahnhof: Presseberichte über den Prozess sind zweifelhaft. Wie erwartet und am 20.9.12 von der Staatsanwaltschaft Stade bestätigt, ist das einzige amtliche Zeugnis, die schriftliche Urteilsbegründung, nicht einsehbar. Einer, der dienstlich befugt ist, sie zu lesen, erteilte mir Auskünfte, ebenso wie im Nov. 2012 der damalige Anklagevertreter, Oberstaatsanwalt i. R. V. D., Stade. (→ Die Braunen Banditen von Buxtehude)
Aussteiger zit. n. B. Rommelspacher, »Der Hass hat uns geeint«, Frankfurt/M. 2006, 30.
Keine Szene-Bindung: Im Buch des Buxtehuder Politologen W. Gessenharter, Kippt die Republik?, München 1994, 177, dient der Fall Schneeclaus als Beispiel, dass »bei vielen Gewalttaten keine direkten Verbindungen in die neonazistische Szene nachweisbar« seien. Die Polizei ermittelte zunächst Richtung Raubüberfall, der Staatsschutz war nicht eingeschaltet. Das heutige Ressort der Staatsanwaltschaft für »extremistische, ausländerfeindliche und antisemitische« Strafsachen war noch nicht eingerichtet. Das Gericht untersuchte keine Bandenbildung; die war nicht angeklagt, danach wurde nicht gefragt. »Mindestens einer der Täter ist der organisierten Neonazi-Szene zuzurechnen«, machte die Antifa bei einer Demonstration am ersten Jahrestag der Tat bekannt. Die Gruppe stand in Verbindung mit der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei FAP und zu ihr gehörte die Tochter eines NPD-Funktionärs, die später selbst Aufgaben in der Partei übernahm.
Landfriedensbruch: Berufungsverfahren 5.8.11 Landgericht Stade. (→ Das Nest in der Nodheide 1 & → 4)
Lemke: Der Spiegel 13/97; Hertener Aktionsbündnis gegen Neofaschismus (Hg.), Thomas Lemke. Ein »irrer Einzeltäter«?, 1996, 19; vgl. Hertener Aktionsbündnis (Hg.), Neonazistrukturen im Kreis Recklinghausen, 1996 u. Der Prozess am Landgericht Essen gegen Thomas Lemke, 1997/2002; unter Pseudonym in S. Harbort, Mörderisches Profil, München 2004, 337–369. (→ Der Serienmörder, der kein Neonazi sein sollte)
Der von Kommunisten bevorzugte Terminus Faschismus für den Nationalsozialismus täuscht über die Unterschiede der Herrschaftskonzepte und die eigene Verwandtschaft. »Zweifellos«, bemerkt C. Townshend, Terrorismus, Stuttgart 2005, 61 f., »waren der Wille zu morden und die Ausführung dieser Absicht sowohl im nationalsozialistischen Deutschland als auch in der UdSSR Stalins, viel, ja fast unermesslich viel ausgeprägter als in Italien.« Inwiefern Hitler Stalin näher stand als Mussolini, begründete S. Haffner, Anmerkungen zu Hitler, Frankfurt/M. 1997, 47 ff., 71: »Faschismus ist Oberklassenherrschaft, abgestützt durch künstlich erzeugte Massenbegeisterung. Hitler hat wohl Massen begeistert, aber nie, um dadurch eine Oberklasse abzustützen. Er war kein Klassenpolitiker, und sein Nationalsozialismus war alles andere als ein Faschismus.« Wie die nationalistischen wollen die marxistischen Sozialisten einen »neuen Menschen« nach ideologischen Maßstab schaffen und darauf ihren Staat bauen. »Klassenlose Gesellschaft« ist ein Synonym für »Volksgemeinschaft«. Der Hauptwiderspruch besteht nicht zwischen Sozialismus und Kapitalismus, sondern zwischen Individualismus und Kollektivismus. Sowohl NS-Staat wie DDR organisierten die Menschen von der Wiege bis zur Bahre in Partei-Kollektiven. Haffner 1978: »Selbstverständlich, die Lieder, die gesungen, und die Reden, die gehalten werden, waren damals im Dritten Reich andere als heute in der DDR. Aber die Beschäftigungen – das Wandern, Marschieren und Kampieren, das Singen und Feiern, das Basteln, Turnen und Schießen – waren nicht zu unterscheiden, ebenso wenig die unleugbaren Geborgenheits-, Kameradschafts- und Glücksgefühle, die in solchen Gemeinschaften gedeihen. Hitler war darin unzweifelhaft Sozialist – ein sehr leistungsstarker Sozialist sogar –, dass er die Menschen zu diesem Glück zwang.« Das revolutionäre Subjekt der marxistischen Doktrin, die Arbeiterklasse, stand nicht im Widerstand gegen Hitler, sie wurde nicht von ihm überwältigt, sondern jubelte ihm ebenso zu wie Kleinbürger und Großkapitalisten, die von der Theorie für den »Faschismus« verantwortlich gemacht werden. Heute wird der Widerstand gegen das NS-Regime vor allem mit Angehörigen der Adelskaste identifiziert, an der sich Mussolini orientierte. Nach 1989 traten die Ähnlichkeiten zwischen dem real existierenden Sozialismus und dem Nationalsozialismus schärfer hervor. In Ostdeutschland punkten Neonazis sowohl damit, sich von der real existierenden Demokratie abzugrenzen und eine »Volksherrschaft« der weißen Rasse zu fordern, während sie zugleich die »Ostalgiker« mit dem Sozialismus-Bezug zu ködern hoffen. Als anti-kapitalistisch gaben sie sich bereits vor 1989 aus. »Wir lehnen die kapitalistisch-kommunistische Ideologie des Einheitsmenschen ab«, schrieb ein NPD-Funktionär (A. D. an Stern 7.2.84 [Privatarchiv]). Die Formulierung ist keineswegs paradox. Haffner: »Auch ein sozialistischer Staat muss Kapital akkumulieren, erneuern und erweitern; die Arbeits- und Denkweise eines Managers oder Ingenieurs ist im Kapitalismus und im Sozialismus genau die gleiche, und Fabrikarbeit ist auch in einem sozialistischen Staat unvermeidlich entfremdete Arbeit«. Der »Bolschewismus« galt der NSDAP als »jüdisch«, und hinter dem Kapitalismus versteckt sich in Neonazi-Sicht »das internationale Judentum« in Gestalt der Finanzmakler der New Yorker Wall Street, der »Ostküste«.
Neuheidentum: Lexikon neureligiöser Gruppen, Szenen und Weltanschauungen, Freiburg/Br. 2005, 367, vgl. 495 ff., 871 ff.
Anderes Buch: G. Willms, Die wunderbare Welt der Sekten, Göttingen 2012, 136 ff.
S. Sontag, Im Zeichen des Saturn, München/Wien 1981, 161.
NS-Germanentum: H. Döbler, Die Germanen, Berlin-München-Wien 1975; H. Wolfram, Die Germanen, 7. Aufl. München 2002; B. Maier, Die Religion der Germanen, München 2003.
Das Ahnenerbe selbst ist legendär geworden: J. Sparschuh, Der Schneemensch, Köln 1993, schreibt ihm eine Himalaya-Expedition zu; T. Greanias, Die Atlantis-Prophezeiung, München 2009, erfindet einen fiktiven Nachfahren des Geschäftsführers Wolfram Sievers; S. Berry, Antarctica, München 2011, erdichtet einen Direktor. In B. Aaronovitch, Der böse Ort, München 2014, wird aus dem Werwolf ein schwarzmagisches Einsatzkommando.
Lokalblatt: Stader Tageblatt 12.12.12.
»Mittlerweile ist die Gothic-Szene in einer so genannten Schwarzen Szene aufgegangen, für die nicht klar ist, ob oder inwieweit sie jenseits einer schwarzen Ästhetik überhaupt Gemeinsamkeiten hat«, heißt es in einem Buch, das alle NS-Verbindungen unterschlägt: G. Willms, Die wunderbare Welt der Sekten, Göttingen 2012, 265.
Todesurkunde »Registernummer 1841/47«: H. C. Pless in Lüneburger Landeszeitung 3./4.10.1964 u. Lüneburg 45, 4. Aufl. Lüneburg 1982 (nach persönlicher Einsichtnahme, wie P. mir sagte); Schreiben Stadt Lüneburg 10.9.99; U. R. in blick nach rechts 17/00. Die Ausstellung könnte mit dem Rechtsstreit um das Anwesen in Gmund zu tun haben: HHs Nachlass wurde vom Staat eingezogen, das Haus jedoch 1948 seiner Witwe zuerkannt. (Der Spiegel 49/48)
G. Burwitz zit. n. Süddeutsche Zeitung Magazin 35/00; vgl. Berliner Morgenpost 19.4.98, BNR 8/98; O. Schröm / A. Röpke, Stille Hilfe für braune Kameraden, Berlin 2001; Mail Online 17.6.11, Express 19.6.11.
Haffner, S., Germany: Jekyll & Hyde (1940), München 1998, 80, 88; ders., Anmerkungen zu Hitler, 14. Aufl. München 1978, 155.
Lexikon: D. Sinn, Das große Verbrecherlexikon, Herrsching 1984.
Räuber: G. Radbruch / H. Gwinner, Geschichte des Verbrechens, Stuttgart 1951, 280 ff.
Schiller, F., Der Verbrecher aus verlorener Ehre, Stuttgart 1964, 5.
Gröning: Neue Stader 13.6., 4.7., 18.7.15.
Gebhardt: Personalakte BDC SSO; Briefwechsel mit HH NS 19/1867 im Bundesarchiv Berlin.
Nemmersdorf: G. Böddeker, Die Flüchtlinge, Frankfurt/M.-Berlin-Wien 1985, 25 ff.; H. Nawratil, Vertreibungs-Verbrechen an den Deutschen, Frankfurt/M.-Berlin 1987, 28 ff.; G. Knopp, History, München 2002, 155–165; B. Fisch in G. R. Ueberschär (Hg.), Orte des Grauens, Darmstadt 2003, 155–167; I. Kershaw, Das Ende, München 2011, 168 ff.; K. Lowe, Der wilde Kontinent, Stuttgart 2014, 103 ff. Zitat N. Stargardt, Der deutsche Krieg 1939–1945, Frankfurt/M. 2015, 558.
Häschens Anwesen: Gut Brückenthin bei Comthurey ist Schauplatz des in der Schweriner Volkszeitung vorab gedruckten Regionalkrimi von H. Sakowski, Die Geliebte des Hochmeisters. Ein Mal mehr hat ein Mythologe die Wissenschaftler überholt.
Thriller: G. Meade, Operation Sphinx, Bergisch Gladbach 1999, 87. Schellenberg als SS-Ikone: U. R. in Die Gazette 18.11.03.
Einsatzgruppen: H. Krausnick / H.-H. Wilhelm, Die Truppe des Weltanschauungskrieges, Stuttgart 1981; R. Ogorreck, Die Einsatzgruppen und die »Genesis der Endlösung«, Berlin 1996; P. Klein (Hg.), Die Einsatzgruppen in der besetzten Sowjetunion 1941/42, Berlin 1997; M. Wildt (Hg.), Nachrichtendienst, politische Elite und Mordeinheit, Hamburg 2003.
Brandt: Personalakte BDC RS, SSO im Bundesarchiv Berlin; Interrogation 6.12.48 im Institut f. Zeitgeschichte ifz-muenchen.de/archiv/zs/zs-0521.pdf
Stahlhelm: Der Stahlhelm div. Ausg. 1987, 1997, 1999; U. R. in Hamburger Abendblatt 5.3., 19.11., 8.12.99, 17.1., 7.10.00; Neues Deutschland 16.3., 25.11.99, 14.9.00; blick nach rechts 8, 24/99; Drucksache Dt. Bundestag 14/1446; T. Grumke / B. Wagner (Hg.), Handbuch Rechtsradikalismus, Opladen 2002, 428 ff. (→ Die Traditionsbande »Stahlhelm«)
Festnahme Italien: The New York Sun 16.5.45; G. Steinacher, Nazis auf der Flucht, Innsbruck 2008, 48 f. Im Juli beklagte sich HHs Ehefrau in einem Zeitungsporträt über sie als »Tragische Frau«, ihr Gatte habe keine Vorkehrungen für die Flucht getroffen. (P. Witte / S. Tyas, Himmler’s Diary 1945, o. O. 2014, 223)
Letzter Brief: welt.de/geschichte/himmler.
Dulles: E. Schweitzer, Amerika und der Holocaust, München 2004.
Kutenholz: H. Lohmann, »Hier war doch alles nicht so schlimm«, Stade 1991, 388 f; K. Dohnke, Nationalsozialismus in Norddeutschland, Hamburg-Wien 2001, 118.
Der prämierte Jüngling ist A. D. Lehmann, Der letzte Befehl, Bergisch Gladbach 2003.
Bad Tölz: SS-Junkernschule.
Kindermorde: G. Schwarberg, Die Mörderwaschmaschine, Göttingen 1990, 47 ff; ders., Der SS-Arzt und die Kinder vom Bullenhuser Damm, Göttingen 1994.

Literaturverzeichnis

Weitere Auszüge aus HIMMELREICH HIRN. Die Legende von Heinrich Himmlers Ende:

Himmlers Ende (1)Himmlers Ende (2)Himmlers Ende (4) ● Himmlers HöllenfahrtHimmlers SterndeuterKultfindlingeEin ehrenwerter SS-MannDer letzte Mordbefehl ● Tod im Erkerzimmer