Wieder einmal wird zum „Kampf gegen Rechts“ aufgerufen

Die Ablenkung funktioniert. Statt über die asoziale, die Reichen begünstigende und die Armen verhetzende Politik der aktuellen Regierung wird sich über die Fantasien einer Partei empört, die nirgendwo an der Macht beteiligt ist und diese auch nicht so rasch wird ergreifen können – sofern die nach wie vor stärkste Partei sich nicht mit ihr verbündet.

In den Timelines der Sozialen Netzwerke werden dieselben Panikattacken provoziert und dieselben Sprüche geklopft wie stets, wenn die Aufmerksamkeit des politisch-medialen Komplexes sich dem Problem zuwendet, das er seit 1945 stets nur episodisch ernst nimmt.

Nazis! Ogottogott!

Ich kann es nicht mehr hören.

Ehedem wurde ein Verbot der NPD als Lösung des Problems propagiert. Zwei Mal. Und zwei Mal ging es schief, und das Problem vergrößerte sich: Nach dem zweiten gescheiterten NPD-Verbot entstand die AfD, die die Macht des Neonazismus parlamentarisch vervielfachte.

Aber um eine realistische Bearbeitung des Problems geht es schließlich auch nicht. Die Poster und Posierer in den Sozialen Netzwerken begnügen sich damit, sich gegenseitig auf die antifaschistische Schulter zu klopfen: O wie toll sind wir!

Darunter auch die Grünen in Hamburg. Zur Erinnerung: Die verweigerten sich einer parlamentarischen Aufarbeitung der Versäumnisse bei der Verfolgung der Mordtaten des NSU. Aber im Posten von antifaschistischen Parolen sind sie führend.

Am Freitag, den 19. Januar 2024, versammeln sich die wahren Demokraten auf dem Jungfernstieg und werden denen lauschen, die in den vergangenen Jahren keine Gelegenheit ausgelassen haben, sich Parolen der AfD zueigen zu machen und in die Praxis umzusetzen, um nun das Verbot der Partei zu fordern. So wird der Bürgermeister von der SPD, deren Kanzler und Bundesinnenministerin sich bemühen, die Forderungen der AfD umzusetzen, die AfD geißeln. Und darauf hoffen, dass die von sich selbst begeisterte Masse vergessen hat, dass seine Partei anno 1993 ins Grundgesetz eingriff, um mehr „Asylanten“ abschieben zu können.

Es ist nicht die AfD, sondern die SPD, die den Ärmsten der Armen mal eben zwei Monate lang den Lebensunterhalt streichen wird, weil diese „nachhaltig“ die Aufnahme von Arbeit verweigert haben. Angeblich. Darüber entscheidet das Jobcenter. Dass die Mehrzahl der juristischen Einwände gegen Bescheide dieser Behörde vor den Sozialgerichten Erfolg hat – ist selbstverständlich kein Thema für den politisch-medialen Komplex. Die Realität von Bürgergeld-Beziehern, die Wirklichkeit des Arbeitsmarktes interessiert die Bessergestellten, die in der realen Demokratie den Ton vorgeben, nicht. Was immer dazu kommuniziert wird, ist Hetze. Die von den Postern und Posierern begierig aufgegriffen wird, um sich als Bessermenschen auszustellen.

Die selbstgerechte und selbstverliebte Masse, die sich nun allenthalben versammelt, macht sich vor, für alles Böse sei allein die AfD verantwortlich. Als hätte die CDU nicht die „Ausländerkriminalität“ erfunden. Die Masse wird nach Verboten schreien – ohne sich zu erinnern, dass diese auch sie selbst treffen könnten. Wie ehedem die Berufsverbote, die, auch schon vergessen, von den Spezialdemokraten erfunden wurden.

Es ist so ermüdend. Das wird jetzt noch eine Weile so weiter gehen. Dann werden andere Themen die Poster und Posierer aufregen. Wie in der Vergangenheit. Und nichts wird sich geändert haben. Weil ein Verbot der AfD oder Betätigungsverbote für Herrn Höcke nur Marginalien sind.

„Wir haben zu lange geschwiegen“, tönt da wer, der zur Demonstration in Hamburg aufruft. Und läuft dann den → „Omas gegen Rechts“ nach, einer Organisation, deren Mitläufer sogar noch stolz darauf sind, erst nach dem Eintritt ins Rentenalter das Maul aufgemacht zu haben. Meine Generation. Von deren Vertretern ich mir vor zehn, 20, 30, 40 Jahren blöde Sprüche habe anhören müssen, weil ich den Neonazismus nicht für eine Petitesse gehalten habe. Sie haben unterdessen ihre Karrieren gepflegt, Häuser gebaut und kurven nun abwechselnd im SUV und mit dem Lastenrad herum und halten sich wie immer schon für die Allerbesten.

Nein, nicht „wir“ haben zu lange geschwiegen. Ihr habt das Maul gehalten und jahrzehntelang alle Warnungen in den Wind geschlagen. Und außer wohlfeilem Gelaber kommt auch heute nichts von euch.

Das Verbot der AfD zu fordern ist Kinderkram: Aus den Augen, aus dem Sinn. Funktioniert nicht. Soll es auch nicht. Soll nur dazu dienen, eine weitere Front aufzumachen: Wer gegen ein AfD-Verbot ist, wird in den Sozialen Netzwerken als rechts gebrandmarkt. Die Welt ist ja so einfach. Für die, die die Wirklichkeit nicht wahrnehmen und in Eiapopeia-Land leben wollen. Das funktioniert aber nur in den Sozialen Netzwerken. Wo es eben nur Schwarz und Weiß gibt, als Zeichen auf einem Monitor.

Und wenn dann heute ein paar tausend Leute sich versammelt haben in einer Zwei-Millionen-Stadt wird es morgen Schwarz auf Weiß heißen: Wir sind ja so toll! Wir sind mehr! Wir sind Weltmeister!

Zahlen, was zählen schon Zahlen!