Der Hamburger Hauptfriedhof in Ohlsdorf
In Ohlsdorf, da sehen wir uns wieder! (Hamburger Redensart)
Lange lag die Stadt der Toten weit draußen vor den Toren der Stadt der Lebenden. Unter den Lebenden, sagten diese, fehle der Platz für die unaufhörlich wachsende Zahl der Toten. Die vielen kleinen Totendörfer im Umfeld der Gotteshäuser wurden aufgelöst und nach und nach überbaut.
Die Kirche trat das Bestattungswesen an die säkulare Verwaltung ab, die für die Verstorbenen eine zentrale und überkonfessionelle Metropole errichtete. Ein Acker wurde gekauft, billiger, sandiger und »gut durchlüfteter« Boden. Am 1. Juli 1877 entstanden die ersten Wohnstätten für Tote, für eine Tischlersfrau und zwei Arbeiter. Später wurde entdeckt, dass die Gegend schon in prähistorischer Zeit als Begräbnisplatz gedient hatte.
Es sei hygienisch, argumentierten die Lebenden, die Toten aus ihrer Stadt zu verbannen; in Pestzeiten sei bereits so verfahren worden. In Wahrheit wurde die Entfremdung des Todes vom Leben eingeleitet. Die Kirchhöfe hatten sich im Herzen der Stadt befunden; nun wurden die Toten abgeschoben. Eine Frage der Sauberkeit sei es außerdem, wenn jeder Tote sein eigenes Grab bekäme. In der neuen Totenstadt wurden anfangs nur erst die Armen begraben, aber sie, die sonst wenigstens zu fünft oder sechst in einer Grube landeten, erhielten Einzelgräber; Platz war ja nun genug.
Die hygienische Idee verwandelte sich in eine ethische Vorschrift: Heute ist das Massengrab Synonym für einen würdelosen Tod. Als die Stadt der Lebenden 1892 von der Cholera heimgesucht wurde, ging das Gerücht um, die Leichen würden in Möbelwagen zur Totenstadt gekarrt und dort wahllos verscharrt. Dem vermeintlichen Skandal gingen sogar Reporter aus New York nach und ließen sich persönlich überzeugen, dass jeder Tote ordnungsgemäß registriert und einzeln bestattet wurde.
Im Cholerajahr 1892 war es auch, dass in der Totenstadt ein Krematorium eröffnet wurde, das dritte überhaupt in Deutschland: Ein weiterer Schritt zur Emanzipation des Totenkults von der Kirche, die sich aus Sorge um die Wiederauferstehung des Fleisches zunächst gegen die Verbrennung der Körper sträubte.
Die Totenstadt lag so weit draußen, dass Leichenzüge zu Fuß vier Stunden dauerten. Kutschen wurden eingesetzt, dann entstand auf der Strecke zwischen dem Kern der Stadt der Lebenden und der Stadt der Toten die erste Straßenbahn. Waren die Leichenwagenzüge anfangs ein alltägliches Bild für Passanten und Fenstergucker in den Straßen um die Stadt der Toten, in denen sich der Verkehr aus den allen Teilen der Stadt der Lebenden verdichtete, kam diese Sitte, die nur von der Arbeit abhielt, langsam außer Kurs.
Inzwischen liegt die Totenstadt nicht mehr weit draußen, sondern ist von der Stadt der Lebenden eingeholt worden und umschlossen. Die Fahrzeuge der Bestattungsinstitute sind nicht mehr schwarz sondern silbergrau und fallen niemandem mehr auf.
Verlässt der Besucher den U- und S-Bahnhof, erkennt er sofort, wo er ist. Der Stadt der Toten vorgelagert ist eine Zone aus Bestattungsinstituten, Steinmetz-Betrieben und Gärtnereien sowie Cafés und Restaurants, die auf Trauergesellschaften eingestellt sind. Immer trifft man hier Trauergruppen, schwarz oder wenigstens dunkel gekleidet, die auf dem Weg von oder zu einer Beisetzung sind. Nachdem der Besucher lange an einer Ampel gewartet hat, die für kurze Zeit den Strom einer breiten Straße teilt, erreicht er das Gitter, das die Totenstadt unabsehbar weit in beide Richtungen umfriedet.
Es gibt ein Haupttor und acht Nebentore für Fußgänger wie für Fahrzeuge. Wie eine mittelalterliche Burgfeste wird die Nekropole über Nacht verschlossen. In einem Pavillon am Haupttor erhält der Besucher einen Stadtplan. Ohne diese Navigationshilfe ist nicht zu empfehlen, sich weiter vorzuwagen. Wie in jeder Stadt kann der ziellos Flanierende sich verirren. Zwar sind entlang der Hauptalleen Orientierungstafeln aufgestellt, aber verliert der Besucher erst in einem der Sektoren den Kurs, kann es eine Weile dauern, ehe er auf die nächste der 12 Kapellen trifft oder einen der Brunnenplätze, wo er seine Position neu bestimmen kann.
Die Totenstadt ist ein Moloch. Mit 400 Hektar Fläche und nahezu 12 Kilometer Umfang erhebt Ohlsdorf den Anspruch, der Welt größte Nekropolis zu sein. Sie kennt keinen Kern, kein Zentrum, nur sich verzweigende Wege. Zwei Hauptalleen durchschneiden das Areal in Ost-West-Richtung, breite Ringstraßen umzirkeln größere Gebiete, aber das eigentliche Wegenetz ist ein Labyrinth. Der Besucher weiß nicht, wohin.
Ein »Führer« bietet ihm Spaziergänge an, die insgesamt 20 Stunden dauern würden, und auch dann hätte er längst nicht alles gesehen. Und worauf achten? Auf die gartenkünstlerisch gebändigte Vielfalt der Natur. Auf die Entsprechungen zwischen Nekropolis und Stadt der Lebenden. Oder der Besucher könnte in der Anlage das Archiv erkennen, das Panorama der letzten 12 Jahrzehnte, in dem die Grabmale Geschichte erzählen.
Ungefähre Orientierung ermöglicht der Unterschied von Alt- und Neustadt. Wenn schon die Toten nicht mehr mitten unter der Lebenden weilten, sollten die Lebenden einen Anreiz bekommen, die Verschiedenen gelegentlich zu besuchen. Also wurde ein Gartenbaumeister beauftragt, die Totenstadt als Park zu gestalten.
»Der Friedhof soll nicht eine Stätte der Toten und der Verwesung sein«, erklärte der erste Verwalter und Direktor. Was denn sonst? Er wollte »dem Tode das Grauen nehmen« und aus dem Friedhof »einen Garten der Hoffnung, der Schönheit und des Lebens machen«. Er schuf einen Park, der auch Gräber birgt.
Sein Nachfolger dagegen umstellte die Grabgruppen, -quartiere und -felder mit Naturkulissen. In seiner Amtszeit wurde die Totenstadt erheblich erweitert: »Eine Übersichtlichkeit und gute Orientierung war nur zu erreichen durch die Aufteilung des großen Erweiterungsgebietes in eine Anzahl kleinerer Friedhofsgruppen, die wiederum in einzelne Räume (Einzelfriedhöfe) gegliedert wurden.«
Ist die Altstadt ein Irrgarten gewundener Wege, versteckter Grabmale und überraschender Wechsel der Perspektiven, darin ganz der englischen Landschaftsgärtnerei folgend, dominieren in der Neustadt lange gerade Wegstrecken, von denen die Grabreihen im rechten Winkel abgehen. Wurde in der Altstadt das einzelne Grab in die Natur eingebettet, besteht die Neustadt aus Grabansammlungen, die mit Bäumen und Büschen voneinander abgrenzt sind.
Am Haupteingang befindet sich das schlossähnliche Rathaus, von dem aus die Totenstadt verwaltet wird; dieser Friedhof hat sogar eine Pressestelle. Von der glasgedeckten Veranda des Verwaltungsgebäudes aus wird der Blick über drei Achsen weit in die Totenstadt hineingelenkt. Links winkt ein riesiger weißer Christus. Er überragt einen runden Platz, in den durch Büsche ein Kreuz gezeichnet ist.
Das Prominentenviertel: Hierhin wurden Honoratioren umgebettet aus den Totendörfern, die nach der Eröffnung der Totenstadt geschlossen wurden: Bürgermeister und Kaufleute, Maler und vor allem Schauspieler und Theaterdirektoren. Auf dem »Althamburgischen Gedächtnisfriedhof« wird heute bestattet, wer sich um den Ruhm der Stadt der Lebenden verdient gemacht hat.
Nach rechts fällt der Blick vom Rathaus auf die Polizeiwache der Totenstadt. Im Schupo-Rondell wurden 14 bei einem Aufstand getötete Polizisten beigesetzt; nach dem Baum in der Mitte wird die Ehrengrabanlage »Revier Blutbuche« genannt. Die Feuerwehr hat ebenso ihr besonderes Quartier wie die »Corporation der Klempner«, die Schlosser, die Friseur-Innung, die Schiffbauer und Töpfermeister.
Was in der Stadt der Lebenden der Hafen ist hier der »letzte Hafen« mit den Ruhestätten der Reeder, Kapitäne und gefallenen Schiffsoffiziere. Im Totenreich fehlt nichts, das aus der Welt der Lebenden vertraut ist.
Aber in Ohlsdorf – da schwatzen die Toten, die unsterblichen Toten, vom unsterblichen Leben! Denn die Toten vergessen das Leben nicht – und sie können die Stadt, ihre Stadt, nicht vergessen! (Wolfgang Borchert)
Ein Gang durch die Totenstadt ist eine ästhetische Zeitreise durch ein Archiv des Todes. Gesichter des Todes aus 100 Jahren, Gestalten, mit denen sein Schrecken zu bannen, ihm Sinn abzuringen versucht wurde, begegnen dem Besucher in ungeordneter Reihenfolge. Der große Gleichmacher verwischt nicht die Differenzen der Epochen, aber er stellt sie unvermittelt nebeneinander und relativiert sie so.
Einstige Bilder von Tod und Trauer mögen nicht mehr angemessen scheinen, aber sie kommentieren die aktuellen Formen des Totenkults, die um so viel weniger auszudrücken vermögen. Der Besucher kann die unterschiedlichsten Bemühungen studieren, sich zum Tod zu verhalten – und stellt am Ende fest, dass nichts dazu wirklich geeignet ist.
Die Gründerzeit feiert sich am »Millionenhügel«, im Viertel der 16 Mausoleen, die sich die reichen Kaufleute von denselben Architekten wie ihre Villen haben entwerfen lassen. In ihnen überdauert eine ägyptische Gesinnung, und so blicken denn von einem der Totenschlösser Sphinxen herab auf den, der sich naht. Während die Vermögenden hier dem Tod mit Prachtbauten begegneten, übten andere hanseatisches Understatement: Ihre letzte Behausung wird markiert durch allerdings gewaltige Findlinge im Waldteil der Totenstadt.
Zwischen den Mausoleen, allein auf einer Wiese, schleift eine grimmige Frauengestalt in langem Gewand einen Mann und eine Frau an den Haaren über den Boden. »Das Schicksal« von Hugo Lederer ist die mit Abstand finsterste Statue der Totenstadt, obschon sie ursprünglich nicht für einen Friedhof, sondern einen Privatgarten entworfen wurde. Sie hat so gar nichts Tröstliches, sondern zeigt blinde Gewalt, die den Menschen aus dem Leben reißt. Gemessen an ihrer Schonungslosigkeit mutet die Mehrzahl der anderen Skulpturen seicht und süßlich an.
Bevorzugt Frauen wachen über den Gräbern. Mal räkeln sie sich lasziv, mal weinen sie, mal breiten sie Engelsschwingen aus. Frauen trösten, wohingegen männliche Figuren die Unerbittlichkeit des Todes darzustellen haben. Ab der Jahrhundertwende wird die Grabmalgestaltung zusehends zurückhaltender. Aus Skulpturen werden Reliefs. Aus ganzen Szenen werden Figuren, und schließlich bleibt bestenfalls ein einzelnes Zeichen übrig, mit dem Name und Daten des Verstorbenen auf dem Grabstein geschmückt werden, ein abgegriffenes Symbol aus der Vorlagen-Schublade des Steinmetzes.
Pile the bodies high at Austerlitz and Waterloo. / Shovel them under and let me work – / I am the grass; I cover all. (Walt Whitman)
Marken beim Spaziergang bilden die Kriege. Die Schlachtfelder, auf denen der Tod erntete, werden nachgebildet als Schlaffelder, auf denen die Soldaten in Reih und Glied unter genormten Grabplatten ruhen. Der einzelne Tote geht unter. Nachdem der Tod im Krieg gerast hat, geht endlich nur noch das Gras über die Gräber hinweg.
Die zivilen Toten des Zweiten Weltkriegs, die Opfer des »Feuersturms« britischer Bomben über die Stadt der Lebenden 1943, wurden gleich stadtteilweise beerdigt. Holzbalken mit den Namen der Viertel sind die einzigen Anhaltspunkte auf dem Rasen. In der Stadt der Lebenden ist die Verwüstung durch Neubauten überdeckt – in der Totenstadt schreit die Leere noch.
Die Bombenopfer hatten keine Chance auf ein individuelles Grab; sie mussten einfach nur rasch unter die Erde, zusammen mit zigtausenden ihresgleichen. Die aktuell angesagte Form der Bestattung ähnelt den Wiesen der Bombenopfer – es sind die anonymen Urnenhaine. Von den übrigen planen Grünflächen der Totenstadt unterscheidet sie nur die Anhäufung von Kränzen an ihrem Rand, und dass sich hier immer mehrere Hinterbliebene nahe einer zentralen Skulptur – natürlich eine trauernde Frau – versammeln.
Das Massengrab ist die der Massengesellschaft angemessene Form. Zwar werden die Leichname nicht zugleich in eine Grube geworfen, sondern mehrere Urnen auf einmal eingegraben, aber als Einzelner verschwindet der Tote ungekennzeichnet in der Masse. Und auch die Trauerbesuche finden massenweise statt. Am Rand des Urnenhains stehen die Hinterbliebenen zuhauf wie an der Küste eines Meeres.
Individuelle Gräber kosten Geld und Mühe. In der Massengesellschaft der Singles ist Grabpflege eine Last. Dennoch – auch wer einen Angehörigen anonym bestatten lässt, versucht oft den präzisen Platz auf der Wiese beim Personal der Totenstadt zu erfragen. Auf manchen Friedhöfen sind die Verwaltungen dazu übergegangen, auf eigene Rechnung wenigstens die Namen und Daten der Verstorbenen in einen zentralen Stein meißeln zu lassen. Oder sie legen kleine Grabplatten auf, über die der Rasenmäher hinwegfahren kann, so dass keine besonderen Kosten entstehen.
Wie bei den Soldaten und Bombenopfern konzentriert das Gedenken sich an einem Gebäude oder in einer Figur. Das Verschwinden des individuellen Grabs begann bereits vor 30 Jahren. Die Neustadt der Nekropolis besteht aus großen Feldern gleich breiter, gleich hoher Grabsteine. Wie im Leben legen die meisten Leute keinen Wert darauf, aus dem Rahmen zu fallen, und wählen ein ähnliches Grabmal wie ihre Nachbarn.
Das Besondere bricht sich gleichwohl Bahn. Gilt auf gewöhnlichen Friedhöfen das Zwei-Felder-System, soll heißen, ein Bereich wird freigehalten für Grabgestaltungen, die nicht der normierenden Friedhofssatzung unterliegen, ist in Ohlsdorf Platz für Absonderliches aller Art. Schwesternheime oder Freikirchen haben ihre eigenen Nischen. In dieser Totenstadt werden auch Muslime ihrer Religion folgend ohne Sarg, nur in Tücher gehüllt bestattet, und eine der Kapellen bietet Räumlichkeiten für die rituellen Waschungen. »Verstorbene aller Nationen sind willkommen«, sagt die Direktion der Totenstadt: Dort ist die japanische Kolonie und hier »Chinatown«.
In Friedhofskreisen hat Ohlsdorf den Ruf eines Labors für Experimente mit dem Totenkult. Selbstverständlich hat diese Stadt einen Kindergarten. Auf den Gräbern drehen sich Plastikwindmühlen, statt der Engel wachen Kuscheltiere. Zwischen den Spielzeughaufen stehen Fotos der Verblichenen; eines zeigt die Kinderleiche selbst, mit deutlich ausgeprägten Totenflecken.
In der »Löwen-Grabstätte« kann sich paarweise zur ewigen Ruhe betten, wer nicht verheiratet war. Letzte Ruhe für Neigungsgruppen, die Wohngemeinschaft im Tode. Die »schwule Ehe«, die in der Stadt der Lebenden geschlossen wurde, muss der Tod hier nicht scheiden. Ein Museum hat die Totenstadt natürlich auch, ein »steinernes Archiv« der Grabmale.
Ich zog Ohlsdorf bei weitem vor, besonders das Linnesche Friedhofsgelände, auf preußischem Boden, mit seinen vierhundert Hektar dicht übereinander geschichteter Leichen, obgleich ich dort niemand kannte, außer dem Tierbändiger Hagenbeck, nur vom Hörensagen. Auf seinem Grabmal sieht man, glaube ich, einen aus Stein gehauenen Löwen. Der Tod musste wohl das Gesicht eines Löwen haben, für Hagenbeck. Autobusse kommen an und fahren ab; sie sind zum Bersten voll mit Witwern, Witwen und Waisen. Wäldchen, Grotten und Teiche mit Schwänen spenden den Betrübten Trost. (Samuel Beckett)
Wie die Stadt der Lebenden sich als »grüne Stadt« bewirbt, lockt die Totenstadt mit der Natur. »Die Natur mit ihrem stillen Wirken, ihren tiefen, geheimnisvollen Gesetzen ist mit dem religiösen Empfinden verschmolzen«, bemerkte schon der erste Direktor. Das Gras, das alles überwuchert, tritt an Gottes Stelle. 100 Vogelarten zwitschern im Gelände; unter dem Motto »Was singt denn hier?« werden Führungen unternommen. Es gibt einen Naturlehrpfad und beschilderte Bäume. Ein »Insektenhotel« bietet in einem Holzgerüst Grabwespen und Florfliegen Unterschlupf und Nistplätze.
Das Nachtleben der Totenstadt ist unbekannt und soll es bleiben. Wohl schlafen Clochards auf dem weitläufigen Gelände. Und in den Toiletten am Haupteingang gab es ein Drogenproblem; daraufhin schimmerte es dort blau vom Schwarzlicht, das verhindert, dass die Fixer ihre Venen finden.
Nahe dem Haupteingang steht der »Dom«, wie das Krematorium von 1933 beim Personal der Totenstadt heißt, die Stätte des letzten Übergangs der Lebenden zu Einwohnern der Totenstadt. An der Uhr, die der Stadt der Lebenden zugewandt ist, liest der Passant: EINE VON DIESEN.
Literatur
A. Aust: Der Ohlsdorfer Friedhof, 2. Aufl. Hamburg 1964 | R. Bake / B. Reimers: Stadt der toten Frauen, Hamburg 1997 | K. Bräuer: Zwischen Totenkult und Wochenend-Erholung, Süddeutsche Zeitung 19.11.1996 | H.-G. Freitag: Von Mönckeberg bis Hagenbeck, 2. Aufl. Hamburg 1988 | B. Leisner / H. K. L. Schulze / E. Thormann: Der Hamburger Hauptfriedhof Ohlsdorf, 2 Bde. Hamburg 1990 | B. Leisner / H. Schoenfeld: Der Ohlsdorf-Führer, Hamburg 1993 | B. Leisner / N. Fischer: Der Friedhofsführer, Hamburg 1994 | U. R.: Topografie der Totenstadt, Archive des Alltags 10, Dortmund-Düsseldorf 1999 | M. Wegner: Die Toten vergessen das Leben nicht, Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.11.1995
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Nachtrag 12.2.2019: BILD berichtet, die Verwaltung plane, Eintritt für den Friedhof zu erheben, zwischen 50 Cent und drei Euro. Begründung: man wolle den automobilen Durchgangsverkehr einschränken. Wer das Grab von Angehörigen besucht oder Besinnung sucht, wird also bestraft – weil andere es besonders eilig haben zu müssen glauben. Das ist dieselbe Logik, nach der zwar allenthalben über den Klimawandel gejammert wird, aber ein Tempolimit oder sonst irgendeine Einschränkung des automobilen Individualverkehrs keinesfalls in Frage kommt. Dann nämlich müssten die lautstarken Klimaretter auf Rädern handeln, statt nur zu jammern und die Unmotorisierten für ihr Verhalten in Mitleidenschaft zu ziehen.
Nicht nur der Straßenverkehr verbindet die Stadt der Toten mit der der Lebenden. Auch Demonstrationen finden auf dem Friedhof statt – wie eine der der neonazistischen Deutschen Volks-Union am Mahnmal für die Opfer des »Feuersturms« 1943, die im Sommer 2006 von der Polizei gegen Proteste der Antifa geschützt wurde.
9. Februar 2019 at 20:20
Danke für diese berührende und schöne Schilderung.
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