Prozess um einen Gattenmord in Großenwörden vor dem Landgericht Stade
Bevor am 9. Dezember 2019 der Prozess im Landgericht Stade begann, waren Urteile gefällt worden. Von anonymen Hasspostern auf facebook sowieso, aber auch von der »Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Stade«. Sie scherte sich nicht um die Unschuldsvermutung und wusste ohne rechtsstaatlich abgeschlossene Untersuchung Bescheid.
Bekannt war lediglich, dass am 4. Juli ein 54-Jähriger aus Großenwörden bei der Polizei in Stade die Tötung seiner 65-jährigen Gattin gestanden haben sollte. Die Leiche wurde in einem Gewächshaus auf dem Grundstück des Ehepaars gefunden. Der Mann soll angegeben haben, die Ehefrau schon im Januar erdrosselt zu haben.
»Sie ist bereits das zweite Opfer häuslicher Gewalt mit tödlichem Ausgang im Kreis Stade in diesem Jahr«, behauptete die AG der Gleichstellungsbeauftagten und rief zu einer »Mahnwache« auf. (→ Mahnwache zum Mord)
Ob es sich beim ersten Fall, der sich im Mai in Hollerdeich zutrug, um »häusliche Gewalt« gehandelt hatte, ist spekulativ und wird es voraussichtlich bleiben. Der Mann tötete die Frau und brachte sich selbst um. Was die Polizei bis dahin feststellte wird der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben und in keiner Gerichtsverhandlung überprüft und bewertet werden; kein Journalist hat eine unabhängige Sichtung der verfügbaren Tatsachen vorgenommen. Außer Vorurteilen ist nichts zu haben.
Unterdessen hat in Stade eine »Aktionswoche« zur Gewalt gegen Frauen stattgefunden. Vermutlich sind dabei die beiden Kriminalfälle als Beispiel zitiert worden, ohne dass die Empörten mehr über diese wissen konnten als sich ein paar Zeitungszeilen entnehmen ließ. »Femizid« ist ein Schlagwort derer, die den Geschlechterkampf aktuell wie einen Krieg führen möchten: als laufe ein wahlweise genetisches oder politisches Programm ab zur Vernichtung von Frauen durch Männer. Solches Denken kommt ohne die Wahrheitsfindung eines Gerichtsverfahrens aus.
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Angeklagt ist Mord; Christian M. stellt die Tat als Tötung auf Verlangen dar. »Sie hatte ihren Lebensmut verloren«: mit dieser Floskel, die er während seiner Einlassung mehrfach wiederholt, begründete der Angeklagte, warum er dem Drängen seiner Frau nachgegeben und sie umgebracht habe.
Die Mühsal eines Besuchs auf dem letztjährigen Weihnachtsmarkt in Lübeck soll den Ausschlag gegeben haben. Cornelia M. war seit langem krank: Rheuma, Gicht, Arteriosklerose; jedes Jahr eine Operation an Schulter, Händen, Knie und Fuß, zählt der Angeklagte auf.
Sie hatte ständig Schmerzen und konnte kaum gehen. Schließlich musste sie sogar das geliebte Reiten aufgeben. Ihr Mann verzichtete ebenfalls darauf, und die fünf Pferde blieben ungesattelt.
Nach dem Weihnachtsmarkt »kam meine Frau auf mich zu, sie möchte nicht mehr leben, ich solle ihr dabei helfen«. Er könne das doch, soll sie gesagt haben; er war einmal in der Fremdenlegion und wurde im Töten ausgebildet.
Wie diese Gespräche verliefen, wie seine Frau ihn überredete, ihren Todeswunsch zu erfüllen, versuchte der Vorsitzende Richter zu erfragen. Aber der Angeklagte wiederholte nur: »ihr Lebensmut war erloschen«, »das Lebenslicht in den Augen war erloschen«.
An Silvester sei Cornelia ungeduldig geworden, »weil ich mir so lange Zeit ließ«, erklärte der Angeklagte: »Ich musste mich überwinden, das zu tun.« Seine Frau beschied er: »Ich mache das auf meine Art, und ich sage auch nicht wann.«
Ohne besonderen Grund entschied sich Christian M. für Donnerstag, den 10. Januar. Der Wecker klingelte, Cornelia ließ die beiden Hunde aus dem Haus und ging ins Badezimmer. 5.45 Uhr. Als sie wieder heraus kam, erwartete sie ihr Mann mit einem Führstrick für Pferde, den er im Arbeitzimmer bereit gelegt hatte. Im Flur schlang er den Strick um den Hals seiner Frau.
In der Fremdenlegion hat er gelernt: »zwei Sekunden Druck auf die Halsschlagader, und man wird bewusstlos«. Aber der Tod trat nicht ganz so leicht ein, obwohl Christian M. sich den Strick über die Schulter warf, um kräftiger zuziehen zu können.
Weil er »ihr Gesicht nicht sehen konnte« umwickelte er Cornelias Kopf mit Frischhaltefolie und Gefrierbeuteln. Die Todesursache sei »nicht mehr endgültig zu klären«, vermerkt das Sektionsprotokoll und nimmt als »wahrscheinlich« eine Kombination von Strangulation und Erstickung an. Als ihr Kopf mit Plastik umhüllt wurde, lebte die Frau noch.
Dazu, wie er mit der Toten verfahren werde, hatte Christian M. angeblich nichts geplant. Er legte sie zunächst im Badezimmer ab und ließ die Hunde wieder ins Haus. Dann zwängte er die Leiche durch das Fenster, verlud sie draußen in eine Schubkarre und brachte sie in eines der beiden Gewächshäuser auf dem Anwesen.
Mit Unkrautvlies bedeckte er seine tote Frau (»ich wollte sie nicht mit Erde dreckig machen«) und legte ihr den Lieblings-Teddybären in den Arm. Eine Woche später schmückte er das Grab mit 23 roten Rosen, eine für jedes Jahr ihrer Beziehung. Anfangs ging er allabendlich in das Gewächshaus, um mit seiner Frau zu reden, »aber sie hat natürlich nicht geantwortet«.
Christian M. gab seine Arbeit auf, hob das Telefon nicht ab und bezahlte keine Rechnungen. »Ich habe mich abgekapselt, ich wollte keinen mehr sehen.«
An dem Tag, als ihm der Strom abgestellt werden sollte, wollte er sich selbst das Leben nehmen. Zunächst tötete er die Hunde, indem er sie festband und erschlug. Selbst den Strick zu nehmen fehlte ihm jedoch der Mut.
Am frühen Abend des 4. Juli, ein halbes Jahr nach der Tat, erschien Christian M. auf der Polizeiwache in Stade und zeigte sich selbst an. Auf Nachfragen der Polizeibeamten zu seinem Motiv schwieg er, bestritt aber Streitigkeiten oder finanzielle Probleme. Seinem Anwalt soll er gesagt haben: »Das Einzige, das er geliebt hat, hat er getötet.«
Dass er einem Todeswunsch seiner Frau entsprochen haben wollte, gab M. erst an, als er bereits in Untersuchungshaft saß. Über die Art, wie er diesem Verlangen nachgekommen sei, sagte er: »Das war die beste Methode, sie zu töten.«
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Die Presse, die den Fall zunächst sensationell aufgemacht hat (»Gewächshaus des Todes«), ist dem Prozess ferngeblieben. Auch keine der Politikerinnen, die den Fall für ihre Zwecke benutzt haben, zeigte sich an der Wahrheitsfindung interessiert.
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Obzwar Verteidigung wie Staatsanwaltschaft dem Angeklagten die Tötung auf Verlangen abkauften, verurteilte das Gericht ihn wegen heimtückischen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe.
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