ÜBERSICHT Braune Bande. Neonazismus in Niederdeutschland
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Vom Oktoberfest-Attentat über Thomas Lemke zum NSU – Wie Politik, Polizei, Justiz und Medien mit Neonazis umgehen
Verblendung — 1998–2011
Es ist kein gehäufter Zufall von »Pannen«, dass sämtliche für die Morde des NSU zuständigen Polizeidienststellen und Verfassungsschutzämter versagt haben, sondern Symptom einer kollektiven Gedächtnisstörung und strukturellen Verdrängung. Dass die Behörden »auf dem rechten Auge blind« sind, muss nicht heißen, dass sie den Neonazismus politisch billigen; es kann auch nur bedeuten, dass sie nicht genauer hinschauen als der Rest der Gesellschaft.
Als Skandal wurde aufgemacht, dass NSU-Akten geschreddert wurden, bevor die Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse sie einsehen konnten. Bedenklicher ist vielmehr, welche Akten gar nicht angelegt wurden. Das Untertauchen von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe 1998, nachdem die Polizei in Jena vier Rohrbomben sichergestellt hatte, war den »vielleicht zwei Dutzend« Szene-Kennern sehr wohl aufgefallen. Aber auch sie wollten sich nicht alle das Folgende vorstellen. Einer schrieb 2002: »Organisierten Terrorismus nach RAF-Muster wird es, soweit absehbar, nicht geben, da sich zwar viele Neonazis als nationale Widerstandskämpfer gerieren, aber letztlich noch vor dem Schritt in den Untergrund zurückweichen.«
So groß wie es den Anschein hatte war der Schritt nicht. Und anders als die RAF war der NSU nie zur öffentlichen Fahndung ausgeschrieben. Um »Furcht und Terror unter den Feinden« zu vergrößern und die Sicherheitsbehörden zu irritieren, sieht das Konzept, dem das Thüringer Trio folgte, Combat 18, Bekennerschreiben ausdrücklich nicht vor. Während die RAF ihr Vorgehen theoretisch begründen zu müssen glaubte und um Unterstützung warb, lassen Neonazis ihre Taten für sich sprechen. Morde an Ausländern bedürfen keiner Erklärungen, sie verstehen sich hierzulande von selbst.
C 18 – nach dem Alphabet für A(dolf) H(itler) – wird als »der bewaffnete Arm« des internationalen Musiknetzwerks Blood & Honour (codiert als 28) angesehen. »Musik ist das ideale Mittel, Jugendlichen den Nationalsozialismus näher zu bringen«, glaubte Ian Stuart Donaldson, 1993 bei einem Autounfall gestorbener Sänger der britischen Band Skrewdriver und Begründer von Blood & Honour. Anders als Flugblätter und Broschüren wird Musik immer wieder abgespielt. Sie geht ins Blut, die Textzeilen dringen gedankenlos mit ein.
Das im Jahr 2000 in Deutschland gegen Blood & Honour verhängte Verbot hat das Gewebe nicht zerschnitten; es hat sich angepasst und umgestrickt. Ein Strategiepapier empfahl schon vorher die Bildung von nicht mehr als vierköpfigen Zellen, die sich unabhängig Geld und Waffen verschaffen sollten, denn »wenn eine Zelle ausgehoben wird, muss die andere nicht befürchten, ihre Versorgungsquellen zu verlieren«.
Es war keineswegs so unvorstellbar, wie hernach glauben gemacht wurde, dass eine Neonazi-Bande reihenweise »Ausländer« umbringt. Vorstufen dazu, serienweise gemeinschaftliche Körperverletzungen hatte es Anfang der 1990er und um 2000 bereits gegeben – aber nein, das sollten alles keine Banden gewesen sein. In einer Aktuellen Stunde zum ersten Jahrestag des Suizids der NSU-Männer im November 2012 beschworen Politiker aller Parteien ihre Überraschung, ihren Schock. Dem CSU-Bundesinnenminister war es wichtig zu betonen, niemand habe ahnen können, dass es Rechtsterrorismus geben könne.
Im Bekenntnis ihrer Fassungslosigkeit waren die Parteien sich einig. Sie hatten nichts gewusst und geahnt. Doch die Verbrechen des NSU sind keine Abweichung von Muster der bis dato ungeschriebenen Geschichte des Neonazismus, sondern passen exakt hinein. 2003 wurde sowohl Combat 18 Pinneberg ausgehoben wie beim Aktionsbüro Süddeutschland – Kameradschaft Süd Sprengstoff beschlagnahmt und dadurch wahrscheinlich ein Anschlag bei der Grundsteinlegung eines jüdischen Gemeindezentrums in München vereitelt.
Bei der Gelegenheit malten die Medien sich eine »Braune Armee Fraktion« aus. Das war insofern falsch, als die Terrortruppen nicht sonderlich tief im Untergrund operierten; Journalisten hatten längst auf ihre Gefährlichkeit hingewiesen. Polizei und Verfassungsschutz freilich wiegelten die Warnungen ab. Wie man spätestens durch den NSU wissen kann, müssen Neonazis sich nicht sehr verstecken, um von den Behörden in Ruhe gelassen zu werden.
Und anders als anno dazumal bei der RAF scherte man sich nie sonderlich um »Sympathisanten«. In »14 Words« fasste David Eden Lane zusammen, was Neonazis aller Herren Länder umtreibt: »We must secure the existence of our people and a future for white children.« (Wir müssen die Existenz unseres Volkes und die Zukunft für die weißen Kinder sichern.) Lane wird zum Kreis um Timothy McVeigh gerechnet, der in Oklahoma City mit einer Bombe 168 Menschen tötete. Der Bewegung genügt die »14«, um Bescheid zu wissen; sie prangt auf Kleidung und CD-Covers, und der Psalm wird im Internet tausendfach nachgebetet.
Aber niemand habe etwas ahnen können, beteuert der Bundesinnenminister. Auf Fremdenhass haben Neonazis kein Privileg. »Sie haben eigentlich das gemacht, was alle denken. Gegen Scheinasylanten ist doch jeder. Das ist doch ganz normal.« So ein Zeuge vor dem Landgericht Stuttgart über den Überfall auf ein Ausländerwohnheim im Juli 1992, bei der ein Kosovo-Albaner getötet wurde, der seit 20 Jahren in Deutschland lebte. Im Anschluss an die »ausländerfeindlichen Krawalle« jener Jahre schränkte der Bundestag das Grundrecht auf Asyl ein. Der Stimmen der NPD bedurfte es dazu nicht.
Verleugnung und Vertuschung — 1981/1995–97
Beim NSU versagten die Sicherheitsbehörden nicht zum ersten Mal im Umgang mit Neonazis oder übten sich in Verschleierung. Am 20. Oktober 1981 starben im Münchner Vorort Neubiberg zwei Mitglieder der Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands durch Polizeikugeln. Laut Bayerns Innenminister Tandler ein Schusswechsel, bei dem ein Polizist von den Verbrechern verletzt wurde. Die Wahrheit sah anders aus.
Durch einen »Vertrauensmann«, einen iranischen Drogendealer, bekam die Polizei einen Tipp auf Friedhelm Busse, 52, Polizistensohn, Drucker und Vater von sechs Kindern. Der 2008 Verstorbene war nacheinander Mitglied der Deutschen Reichspartei, Landesvorstand der nordrhein-westfälischen NPD und Vorsitzender der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei FAP. Busse plane einen Banküberfall, verriet der Spitzel, der in seinem Haus wohnte; aus Frankreich seien Waffen und Munition herangeschafft worden.
Der Spitzel bot Busse an, ein Auto zu besorgen; das bezahlte die Polizei und baute einen Peilsender ein. Busses Haus wurde rund um die Uhr observiert. Als der ältere Herr und seine vier jungen Komplizen das Haus für mehrere Stunden verließen, rührte die Polizei die Waffen im Haus nicht an.
Dann ging es los, die Ausrüstung wurde ins Auto verladen, man fuhr ab. Erst ein paar Straßen weiter wurde der Wagen gestoppt. Die Insassen stiegen mit erhobenen Armen aus und legten sich wie befohlen auf den Bauch. Dabei rutschte eine Handgranate aus einer Hosentasche, rollte vor ein Polizeifahrzeug und ging hoch. Die Polizisten erschossen zwei Gangster und verletzten einen ihrer eigenen Kollegen schwer. Einer der Verhafteten hatte sich im Juli 1980 mit der Wehrsportgruppe Hoffmann in den Libanon abgesetzt und war im Jahr darauf aus dem palästinensischen Ausbildungslager zurück nach Deutschland geflohen. Als »Helden der Bewegung« stehen die beiden Getöteten weit oben auf der Märtyrer-Liste des Neonazismus.
Die Taten des NSU waren nicht die erste braune Mordserie der Bundesrepublik. In Berichten über das »Zwickauer Trio« wurde kein Bezug genommen auf Thomas Lemke. Wie beim Oktoberfest-Attentat waren Behörden und Medien nach Kräften bemüht, Verbindungen ins rechte Milieu zu leugnen. Die Verbrechen entsprachen außerdem nicht den Klischees neonazistischer Gewaltkriminalität.
Am 16. Juli 1995 wurde in Altena eine 25-jährige Altenpflegerin erdrosselt und in einem Wald verscharrt. Am 2. Februar 1996 wurde eine 23-Jährige in ihrer Wohnung in Bergisch Gladbach vergewaltigt und erschlagen. 15. März 1996, Dorsten-Rhade: ein 26-Jähriger starb durch Schüsse aus einer Schrotflinte.
Für dreifachen Mord, Vergewaltigung und versuchte Vergewaltigung verurteilte das Landgericht Essen am 18. März 1997 den 29 Jahre alten Thomas Lemke zu »lebenslänglich«. Er hatte Helfer. Für ihre Beteiligung an dem Mord in Altena wurde seine Lebensgefährtin mit sechs Jahren bestraft. Der Kamerad, der ihm in Bergisch Gladbach beigestanden hatte, bekam fünf Jahre.
Das dritte Opfer, das Lemke allein umgebracht hatte, war bereits 1989 von ihm gequält und mit der Schrotflinte bedroht worden, die er stets in einem Rucksack bei sich trug. Zur Gerichtsverhandlung trat Lemke in Braunhemd, Koppel, schwarzer Hose und Stahlkappenschuhen an, grüßte mit gestrecktem Arm und gab sich als Kriegsgefangener im Sinne der Genfer Konvention aus: »Ich stehe nur vor Gericht, weil ich Nationalsozialist bin.«
Verfahren wegen Verbreitung von Propagandamaterial, Volksverhetzung und Verwendung nationalsozialistischer Symbole stellte das Gericht mit der Begründung ein, keine Märtyrerlegende begünstigen zu wollen. Lemke saß bis Herbst 1993 im Gefängnis, betreut von der Hilfsorganisation für nationale Gefangene und deren Angehörige e. V. HNG, die ihn im Sommer 1992 zum »Gefangenen des Monats« kürte.
In der Verhandlung hatte das Opfer nicht nur gegen seinen Peiniger ausgesagt, sondern auch über beider braune Verbindungen. In Lemkes Augen war es dadurch als Spitzel des Verfassungsschutzes entlarvt. Für einen »Steckbrief« des später Ermordeten, den Lemke in Bottrop verteilte, sollte ihm im April 1995 der Prozess gemacht werden. Lemke versäumte den Termin und wurde zur Verhaftung ausgeschrieben. Unklar ist, warum die Polizei ihn fast ein Jahr lang nicht fasste.
Durch eine Anfrage der PDS-Bundestagsfraktion kam heraus, dass Lemke am 4. März 1996, elf Tage vor dem Mord an dem vermeintlichen Verräter, »bei einer Observation in der rechtsextremistischen Szene für einen Zeitraum von 45 Minuten« im Visier des Verfassungsschutzes stand. Das Bundesinnenministerium schrieb: »Da bekannt war, dass gegen Lemke ein Haftbefehl bestand, wurde unmittelbar nach seiner Identifizierung die Polizei unterrichtet. In dem genannten kurzen Zeitraum gelang es jedoch nicht, die Polizei an Lemke zur Festnahme heranzuführen.«
Außer durch Brandstiftung, Aufstachelung zum Rassenhass, Störung der Totenruhe, Verbreitung pornografischer Schriften, Urkundenfälschung und Betrug war Lemke durch Drohungen gegen Polizisten, Staatsanwälte und die eigenen Kameraden aufgefallen. Er war seit seinem 17. Lebensjahr als Neonazi registriert – seit 1985 bei einer türkischen Familie in Gladbeck eine mit Feuerwerkskörpern, Nägeln und Benzin gefüllte Flasche durchs Fenster geflogen war; nur ein Teppich fing Feuer.
Lemke gehörte zu einer Gang, die sich Bomber nannte und von einem alten Waffen-SS-Mann angeleitet wurde, der Funktionär der NPD und der FAP war. Bei der Wiking-Jugend übte sich Lemke im Wehrsport. 1991 nahm Gary Rex Lauck ihn in seine internationalen »Märtyrerliste« auf. Der Führer der NSDAP-Aufbauorganisation verschickte aus den USA den NS-Kampfruf und fungierte seit den 1970ern als Schaltstelle für deutsche Neonazis.
Durch Laucks Netzwerk lernte Lemke eine Frau aus North Carolina kennen, die er im November 1994 heiratete. Die Hochzeit war ein Event der Braunen Bewegung. Als Trauzeuge fungierte Dieter Riefling, damals Kreisbeauftragter der FAP. Nachdem es zu Kämpfen zwischen seinen Leuten und türkischen Jugendlichen gekommen war, erklärte Riefling im Mai 1994 öffentlich einen »Gewaltverzicht«. Dazu trug er ein T-Shirt mit dem Aufdruck Kameradschaft Recklinghausen.
Erst 1999 wurde er dafür belangt, dass diese 20 bis 30 Mann starke Truppe eine Nachfolgeorganisation der 1995 verbotenen FAP war. Riefling war auch Funktionär von Blood & Honour. 2008, inzwischen in Hildesheim ansässig, propagierte er den Schulterschluss der Freien Kameradschaften mit der NPD, für die er zum niedersächsischen Landtag kandidierte.
Thomas Lemke berief sich auf die Mordbefehle, die ihm der germanische Göttervater Odin erteilt habe. »Ich glaube nicht an das Kreuz, sondern an das Hakenkreuz. […] Ich glaube nicht an Gott, sondern an die Natur mit den vier Jahreszeiten, meine eigene Stärke, die Bäume, Auen, Quellen, Berge, an Asgard und an Odin.« »Nazi-Gefasel« und »vorgeschoben« hieß es dazu von allen Seiten.
Nur ein Anwalt der Nebenklage meinte, der »politische Hintergrund im Kopf des Angeklagten sei doch der Schlüssel, wenn man die Taten überhaupt verstehen wolle«, und er bemängelte die diesbezügliche Ignoranz des Gerichts. Eine Reporterin widersprach ihm ausdrücklich: »Was er den Hintergrund nannte, ist jedoch der Vordergrund, die Tarnung, die Maske, hinter der sich eine gescheiterte Kindheit und Jugend verbergen«. Lemkes Weltanschauung könne nur ein Reifedefizit sein.
Den »Irrglauben« an Odin teilt Lemke nicht nur mit anderen Neonazis. Ein Prozessbeobachter der Antifa merkte an: »Esoterische Dummheiten, nicht nur ›völkische‹, sind heutzutage in ganz anderen Bevölkerungskreisen zu finden, wo sich die Leute massiv wehren würden, wenn sie als nicht ›ganz dicht‹ bezeichnet würden.« Während Lemke vor Gericht stand, verübte Kay Diesner »im Auftrag von Odin und Thor« einen Anschlag auf einen Buchhändler in der Landesgeschäftsstelle der PDS in Berlin.
Vier Tage später, am 23. Februar 1997, erschoss er auf der Flucht einen Polizisten und verletzte einen zweiten schwer. Mit Lemke verband Diesner außer dem Glauben die HNG, an dessen Mitteilungsblatt er Leserbriefe schrieb. Davon stand nichts in den Zeitungen, für Lemke ein »selbsternannter Neonazi« war. Welche Instanz könnte seinen Status beglaubigen? Genügte nicht sein Bekenntnis?
Anfangs hatte die Staatsanwaltschaft Lemke braune Beziehungen bestätigt. Als immer mehr davon zu Tage traten, wollte sie nichts mehr davon wissen. Lemke »versuchte mit rechtsradikalen Kreisen in Kontakt zu kommen, seine Versuche wurden aber abgewiesen«, log die Anklagebehörde auf einer Pressekonferenz. »Ab 1993 – nach seiner Haftentlassung – habe Lemke keine Kontakte mehr bekommen. Die Neonazis wollten keine Kontakte zu ihm, sie nannten ihn ›Wirrkopf‹. Seine Mittäter seien unkritische Freunde gewesen.«
Die Kontakte, die Lemke vor seinem Haftantritt hatte, pflegte er mithilfe der HNG weiter und erweiterte sie um die zur NSDAP-AO; ein Jahr nach Haftende feierte er Hochzeit im Kameradenkreis mit dem FAP-Trauzeugen. Ob und inwieweit Lemkes Mittäter »unkritisch« waren, dafür hatte die Staatsanwaltschaft nicht mehr vorzubringen als das, wonach sie sich nicht erkundigte. Der Beihelfer beim zweiten Mord gehörte nach eigener Aussage zu jener Szene, zu der Lemke angeblich keinen Zugang mehr fand; Lemke war es vielmehr, der ihm Eintritt verschaffte. Die weibliche Mittäterin hatte er durch eine Kontaktanzeige in den HNG-Nachrichten kennen gelernt.
Das Gericht erklärte auch nicht die Wahl der Opfer. Die dritte Tat war offenkundig ein »Fememord«. Lemkes erstes Opfer war die Freundin der Freundin eines Knastgenossen und gehörte möglicherweise zu den Neonazi-Kreisen im Ruhrgebiet. Die zweite ermordete Frau soll eine »Linke« gewesen sein und deshalb den Tod verdient haben – sagte Lemke; und man gab sich damit zufrieden.
NPD, FAP, Wiking-Jugend, Nationale Front, Deutsche Alternative, NSDAP-AO, Deutsche Liste – wenige Neonazis verfügen über so zahlreiche Kontakte wie dieser, der gar keine gehabt haben sollte. Auf verquere Weise reichten sich diejenigen, die meinten, Lemke habe sich als Brauner verkleidet, und die Bande selbst die Hand: »Verfassungsschutz beschäftigt Mörder«, titelte ein Beitrag im Thule-Netz und behauptete, auf »Einwirken des Verfassungsschutzes wurde die Vollstreckung des Haftbefehls gegen den Mord-Verdächtigen um zwei Monate hinausgezögert, weil der Verfassungsschutz den Mann noch für seine Zwecke gebrauchen wollte, und in diesen zwei Monaten verübte der Verdächtige noch zwei oder drei weitere Morde. Als er dann doch verhaftet wurde, sprach man von einem ›Mörder aus der rechtsradikalen Szene‹. Tatsächlich hatten alle ›Rechtsradikalen‹ den Mann abgewiesen.«
Tatsächlich saßen Kameraden im Zuschauerraum, als dem »Wirrkopf«, mit dem sie nichts zu tun haben wollten und sollten, der Prozess gemacht wurde. Unter ihrem Beifall rief Lemke bei der Urteilverkündung: »Hiermit haben die Juden ihren Willen bekommen!«
(Siehe ausführlicher in: Der Serienmörder, der kein Neonazi sein sollte)
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Quellen und Literatur
Verblendung – T. Grumke / B. Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus, Opladen 2002 | A. Röpke / A. Speit (Hg.): Braune Kameradschaften, Berlin 2004 | T. Staud: Moderne Nazis, Köln 2005 | G. Friedrichsen: »Ich bin doch kein Mörder« München 2004
Verleugnung und Vertuschung – Stern 48/1981, Quick [Juni] 1983 | Hertener Aktionsbündnis gegen Neofaschismus (Hg.): Neonazistrukturen im Kreis Recklinghausen, 1996; Thomas Lemke, 1996; Der Prozess am Landgericht Essen gegen Thomas Lemke, 2002 | S. Harbort: Mörderisches Profil, München 2004 | A. Röpke / A. Speit (Hg.): Neonazis in Nadelstreifen, Berlin 2008
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ÜBERSICHT Braune Bande. Neonazismus in Niederdeutschland
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