Die Werke des Architekten prägen das Image von Hamburg

In den letzten 20 Jahren ist Hadi Teherani zum bedeutendsten Hamburger Baumeister geworden. Ein erstes Ausrufezeichen setzte er 2000 mit dem Polizeipräsidium in Alsterdorf. Zehn Blöcke verzweigen sich so um einen Rundbau, dass sie den Stern bilden, der der Polizei als Abzeichen dient.

Architektur bestimmt den Alltag: durch das Aussehen der Häuser, vor aber allem dadurch, wie die Menschen sich in ihnen fühlen. Architekten haben wesentlichen Einfluss auf die Befindlichkeiten ihrer Zeit. Das meinte die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Dorothee Stapelfeldt, als sie Teherani anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im Dezember 2020 einen „Gesellschaftsgestalter“ nannte.

Teherani wurde am 2. Februar 1954 in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren, kam aber bereits als Sechsjähriger nach Hamburg. Er studierte in Braunschweig und war zunächst Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Hochschule in Aachen. 1991 gründete er zusammen mit Jens Bothe und Kai Richter das Architekturbüro, das vom Elbberg aus die Bauten plant, die sich seither mit Teheranis Namen verbinden.

Berliner Bogen

Bei einem 2001 eingeweihten Bürogebäude in Hammerbrook hat Teherani ein Problem berücksichtigt, das aktuell dringlich geworden ist: Energieeffizienz. Der wegen seiner Nähe zur U-Bahn-Station Berliner Tor so genannte Berliner Bogen ist ein Haus im Haus. Eine 36 Meter hohe Glashülle mit einer Spannweite von 70 Metern und 140 Metern Länge umschließt einen massiven Teil für über 1200 Arbeitsplätze. Durch den Puffer zwischen Kern und Hülle können die Büros natürlich belüftet und die Hälfte der Heizkosten vergleichbarer konventioneller Bauten eingespart werden. Die Konstruktion, die einen Kanal überwölbt, enthält außerdem sechs überdachte Wintergärten mit Bäumen.

Deichtor Center

Wintergärten, vier an der Zahl, befinden sich ebenfalls im Deichtor Center von 2002 an der Willy-Brandt-Straße. Wie beim Berliner Bogen ist der Innenbau mit Glas ummantelt, so dass die Kosten für Heizung und Belüftung verringert werden können. Die Idee zur Kühlung mit natürlicher Luftzirkulation hat Teherani alten Gebäuden in seiner iranischen Heimat abgeschaut. Das zehngeschossige Deichtor Center entstand als Vermittlung zwischen dem historischen Kontorhausviertel und der damals erst im Entstehen begriffenen Hafencity. Sein dreieckiger Grundriss bietet Ansichten, die an das benachbarte, 1924 von Fritz Höger vollendete Chilehaus erinnern.

Europa Passage

War Teherani bis dahin auf Brachen tätig geworden, gab es um seine Europa Passage von 2006 eine Kontroverse. Sie befindet sich mitten im Herz der Stadt zwischen Jungfernstieg und Mönckebergstraße, und für die Shopping-Mall musste das denkmalgeschützte Europahaus abgerissen werden. Die eigentliche Passage erstreckt sich über fünf Stockwerke, mit den umliegenden Büro- und Parkgeschossen umfasst der Komplex 16 Etagen. Der Eingang aus Naturstein am Ballindamm passt sich den benachbarten Gebäuden an. Umso spektakulärer ist es drinnen. Während die anderen Hamburger Passagen zwischen Rathaus und Gänsemarkt den Ursprüngen der Bauform im Paris des 19. Jahrhunderts ähneln, bei denen enge Geschäftsgassen lediglich mit Glas überdacht wurden, steht die Europa Passage den Megamalls in den USA und Kanada näher.

Dockland

Die Europa Passage ist das mit Abstand meistbesuchte Werk von Teherani. Das im selben Jahr 2006 fertig gestellte Dockland am Hafen gehört als Touristenattraktion zu den am häufigsten fotografierten Gebäuden der Stadt. Die sieben Bürogeschosse sind als Parallelogramm angelegt, das sich um 24 Grad neigt und rund 40 Meter vom Ufer über die Elbe ragt. Es wirkt wie ein Schiff an Land.

Technisches Rathaus

„Dass die Menschen über meine Gebäude sprechen, ist genau der Mehrwert“, sagt Teherani. „Dass die Leute sehen, es ist kein gewöhnliches Gebäude.“ Doch er kann auch anders. Zwar wird er zuerst mit Aufsehen erregenden, einzeln stehenden Bauwerken in Verbindung gebracht, hat aber ebenso Dezentes geschaffen. Wie das Technische Rathaus von 2009, in dem die Abteilungen für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt des Bezirksamts Nord untergebracht sind. Es entstand im Zuge einer Neugestaltung des Areals, die 2007 mit der Aufgabe des Karstadt-Kaufhaus begann. Dieses blieb erhalten und wurde zu Büros, Läden und Restaurants umgebaut. Aus dem Parkplatz davor wurde eine Piazza, auf dem zwei Mal in der Woche ein Markt stattfindet. Teherani nahm die Maße des Altbaus auf und setzte daran weiße, an den Ecken gerundete Metallpaneele, die sich mit Fensterbändern abwechseln. Wie beim Dockland drängt sich die Assoziation zu einem Schiff auf.

Tanzende Türme

„Die Idee war, den Spirit von St. Pauli im Gebäude zum Ausdruck zu bringen, deshalb hat es diese dynamische Form bekommen.“ Damit meint Teherani die beiden Tanzenden Türme, die sich seit 2012 85 und 75 Meter hoch am Eingang der Reeperbahn erheben und inzwischen zu den Wahrzeichen der Stadt gehören. Wie bei seinen anderen Entwürfen steht hinter der Fassade ein Konzept, das Nachhaltigkeit, Hygienekomfort und Wassereinsparung Wert legt.

Längst errichtet er nicht nur leeren Raum, sondern stattet auch das Innere aus. In seinem Katalog als Designer finden sich Bürostühle, Leuchten, Tapeten und Sanitärobjekte. 2011 hat er sogar ein E-Bike entworfen.

Baustelle Deutschlandhaus

Zur Zeit entsteht am Gänsemarkt das Deutschlandhaus für Büros, Wohnungen und Gastronomie, bei dem Teherani den typisch hanseatischen Rotklinker einsetzt. Außerdem hat der Bau der U-Bahn-Linie 5 begonnen. Mit dem Entwurf der Haltestellen wurde Teherani beauftragt. Wie er diese Aufgabe gelöst hat, werden die Fahrgäste erst in einem Jahrzehnt erfahren können.

(→ bei uns, Zeitschrift der Hamburger Lehrerbau-Genossenschaft, Winter 2021)

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