Wie die grüne Hamburger Justizsenatorin den Rechtsstaat abschaffen will

Daran, dass gewöhnliche Bürger*innen keine Ahnung haben, wie Polizei und Justiz arbeiten und sich ihre unmaßgeblichen Meinungen anhand von TV-Serien bilden, habe ich mich gewöhnt. Unerträglich finde ich es jedoch weiterhin, wenn Journalisten und Politiker über Kriminalität reden, obwohl sie darüber ebenfalls nur aus TV-Serien und von inkompetenten Medien-Darstellern informiert sind, die sich bevorzugt als verlängerte Pressestelle der Polizei begreifen. (Siehe u. a. → Unter Betrügern / → Pressepolizei at work / → Wie die Polizeipresse mitteilt)

Solange sie ihr Gewäsch nur auf der Straße und in den Medien verbreiten, ist die Gefahr für den Rechtsstaat überschaubar. In Hamburg jedoch hat eine dieser Ahnungslosen das Amt der Justizsenatorin inne und ist eifrig damit beschäftigt, das Rechtssystem zu missachten und zu unterminieren.

Zunächst machte Anna Gallina Schlagzeilen, als sie Parteigenossen diffamierte. Dann, weil sie mutmaßlich davon profitierte, dass ihr Ex-Lebensgefährte die Parteikasse schädigte und sie es nicht nur für unter ihrer Würde erachtete, dazu Stellung zu nehmen, sondern auch die ihr untergebenen Strafverfolgungsbehörden sie nicht als Zeugin befragten.

Ach ja, sie gehört der Partei Bündnis90/Grüne an. Das sind jene, die bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit ihre unerschütterliche Rechtschaffenheit und moralische Überlegenheit behaupten. Ihre wachsende Wählerschaft hat die Partei anscheinend genau dieser Attitüde der Unantastbarkeit zu verdanken. Mit Grünen kann man nicht diskutieren, sondern sich ihnen nur unterwerfen.

Dem entspricht die Bundesratsinitiative, die Senatorin Gallina nun eingebracht hat. (Siehe → Die Welt) Sie möchte, dass mutmaßliche Opfer von schweren Sexualstraftaten vor Gericht nur noch von Vorsitzenden Richtern befragt werden. Der Akzent liegt auf „mutmaßlich“. Denn indem Gallina sowohl Staatsanwaltschaft wie Verteidigung das Fragerecht abspricht, untergräbt sie das, was ein Prozess sein soll: Wahrheitsfindung.

Der Senatorin zufolge käme es immer wieder zu Befragungen, die „eine sekundäre Viktimisierung durch ein strafrechtliches Ermittlungs- und Hauptverfahren“ verursachen würden. Zu einer solchen zweiten „Viktimisierung“ kann es indes nur kommen, wenn eine erste vorliegt. Das aber durch genaue Befragung aller Tatbeteiligten und Zeugen zu klären ist Aufgabe der Ermittlungen und des Prozesses.

Gallina greift mit ihrer Initiative auf, was von Opferverbänden unverdrossen in die Welt gesetzt wird: die Schuld ist immer zweifellos (wie der Offizier in Kafkas Strafkolonie urteilt). Mit der Anzeige eines Opfers sollte der Täter schon so gut wie verurteilt sein. Der Prozess ist nurmehr eine lästige Formsache.

Dass ein Gerichtsverfahren eine weitaus komplexere Angelegenheit sein kann, als sich einem Zeitungsbericht entnehmen lässt und sich jene vorstellen, die nie einem Prozess beigewohnt haben – immerhin das sollte eine amtierende Justizsenatorin wissen und entsprechend vorsichtig vorgehen. Aber Gallina hängt wahrscheinlich der weit verbreiteten Vorstellung an, wonach Strafverteidiger nicht nur überflüssig sondern Komplizen ihrer Mandanten sind und man sie am besten wie ehedem beim Volksgerichtshof abschaffen müsse.

Auch wenn es politischen Aktivistinnen ungeheuerlich erscheint, es auch nur zu denken: nicht jeder Mann, der einer Vergewaltigung angeklagt wird, hat diese begangen. Und die Aussage in einem Prozess kann für das Opfer mehr sein als nur eine Belastung.

In Beiträgen auf diesem Blog habe ich meine Erfahrungen mit einschlägigen Prozessen aufgezeichnet und muss mich hier nicht wiederholen. (→ Die Weide des Bürgermeisters / → Kindesmissbrauch vor Gericht)

Was die Hamburger Justizsenatorin treibt ist blanker Populismus. Sie redet denen nach dem Mund, die sich die Wirklichkeit gern schwarz/weiß und ihren ideologischen Überzeugungen nach ausmalen. Der linke twitter-Mob wird sie dafür lieben. Indem die Grünen derart am Rechtssystem sägen, machen sie die AfD überflüssig.