Wofür der AfD-Kreisverband Stade Matthias Matussek engagiert

Dass der Kreisverband Stade der Alternative für Deutschland auf seiner facebook-Site etwas über politische Angelegenheiten vor Ort oder gar die eigene Arbeit publiziert, kommt etwa so selten vor wie das Stader Tageblatt über politische Vorkommnisse berichtet, statt Verlautbarungen abzuschreiben oder den Reichen und Mächtigen sonstwie in den Hintern zu kriechen.

Schuld am Regelverstoß ist Matthias Matussek, ein Leistungsträger, anhand von dessen Werken in den Journalistenschulen gelehrt wird (nehme ich an). Der wie Björn Höckes Betreuer (→ Höcke, Hitler und die Lagerbildung) von Springers Speerspitze für Geschichtsrevisionismus und Verharmlosung des Neonazismus, Die Welt, bezahlt worden war. Ihn hatte die AfD zur Unterstützung eines Antrags nach Buxtehude in die Ratssitzung am 16. September 2019 mitgenommen. Und deshalb musste nun auch ein Redakteur des Tageblatt ausnahmsweise abends arbeiten.

Der Text, den Matussek auf facebook gepostet hat und den die AfD Stade ihrer Leserschaft samt Fotos präsentiert ist für Journalistenschulen allenfalls als abschreckendes Beispiel geeignet. Zu mehr als hingehuschten Notizen hat es beim Star-Journalisten nicht gereicht. (Was mag der wohl pro Stunde kosten?)

»Gestern abend Ratsversammlung in Buxtehude, Abstimmung über den Antrag, eine Städtepartnerschaft mit dem syrischen Maalula einzugehen, dem Städtchen, in dem Paulus gewirkt hat und das vom IS zerstört wurde und Wiederaufbauhilfe benötigt. (Vorher große Show der Linken mit einem Transparent für lokalen Wohnungsbau!) Maalula-Antrag abgelehnt, von Linken, Grünen besonders SPD, mit einem leidenschaftlichen Appell des SPD-Fritzen, ›nur weil da Christen umgebracht wurden, jedes Opfer ist schlimm….‹ [.] [A]ch ja, der Antrag kam vom Ratsherren der AfD, Maik Julitz… [Icon] Wie kann man sich dieser Chance, einen wahrhaft auratischen Ort, den ältesten der Christenheit, zu wählen, so dämlich und fischkopp-mäßig und krämerhaft verschließen?«

screenshot AfD Stade facebook

18 Stunden nach dem Post waren nur zwei Likes abgegeben worden (eines vom Webmaster selbst) und kein Kommentar. Auch das ist nicht die Regel. Sonst bleibt kein Beitrag ohne Zustimmung, Häme oder Hetze.

Die AfD-Anhängerschaft will nichts von Flüchtlingen wissen und Syrien interessiert sie einen Scheißdreck. Wenn Politiker in Talk-Shows die Bekämpfung von Fluchtursachen fordern, ist das hohles Geschwätz. Von allen Seiten. Wozu CDU und SPD sich nur pro forma äußern, ist der gemeinen AfD-Wählerschaft vollständig wurscht.

Die Systemrevolutionäre der AfD wollten sich die Städtepartnerschaft mit Maalula als humanistisches Feigenblatt vorhängen. Das Votum ihrer Anhängerschaft scheint eindeutig: abhaken, vergessen, weiter zur gewohnten Hassrede und den Kotz-Icons. Das Kartell der Altparteien wurde aber mit dem Antrag offenbar auch nicht vorgeführt, sonst hätten diese dem bestellten Autor wohl etwas Konkreteres zum Aufspießen geboten als ein »fischkopp-mäßig und krämerhaft[es]« Verhalten.

Ach ja, und Herr M. hat offenbar nicht gemerkt, mit wem er es zu tun hat. Paulus und das Christentum sind den AfDlern so egal wie Syrien und seine Flüchtlinge. Ihre Religion ist eine politische, die des Nationalsozialismus.

Nachschau am 24. September: der lustlose Matussek-Post ist von der facebook-Site des Kreisverbandes verschwunden. Stattdessen (mit einem »auch« eingeleitet, das niemand versteht, der das Gelöschte nicht kennt) wird der Artikel des Tageblatt verlinkt. Er bringt es auf immerhin drei Likes, wird aber ebenfalls nicht geteilt oder kommentiert. Die Spesen für den Star-Journalisten und das Feierabend-Opfer seines Provinz-Kollegen haben sich nicht bezahlt gemacht.

Das Wochenblatt weiß von der Ratssitzung allerhand anderes zu berichten und widmet dem Propaganda-Antrag der AfD, der für das Tageblatt die Hauptsache ist, nur einen Satz.

Weitere Beiträge zur AfD:

Höcke, Hitler und die Lagerbildung (September 2019)
Anreger und Anhänger der AfD (Juni 2019)
Nächste Runde AfD und Antifa (Mai 2019)
Neudeutsche Theologie (April 2019)
Wiederholungstäter (März 2019)
Männerfantasien (März 2019)
Demokratisches Klima (März 2019)
Die Antifa-Verschwörung (Februar 2019)
Die Zitate der AfD (Januar 2019)
Der 9. November der AfD (November 2018)
Höcke im Wald und die Ignoranz (November 2018)
Tierschutz als Hetz-Folie (September 2018)
War noch was mit der AfD? (März 2018)
Immer fest drauf (November 2017)
Angstmache in Buxtehude (Oktober 2017)
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Das Auto der AfD (September 2017)
Angsthasen in Buxtehude (August 2017)
Twesten, Grundmann, Seemann (August 2017)
Sicherheit nach Art der AfD-App (Dezember 2016)