Der Kreisverband Stade der AfD macht erneut mit einer Fälschung auf sich aufmerksam
Der Kreisverband Stade der Alternative für Deutschland hat es wieder getan. Diesmal hat der Polizist in ihren Reihen die Fälschung nicht selbst hergestellt, sondern der Webmaster der facebook-Site hat sie lediglich neben seinen sonstigen täglichen Lügen und Verhetzungen verbreitet, aber die Ansage der Partei ist klar genug: Wir sind unbelehrbar.
Beim letzten Mal, im Kommunalwahlkampf 2016, hatte die Stader AfD einen Flyer mit einem Foto verziert, auf dem ein Antifaschist auf einen am Boden liegenden Polizisten einprügelt. Das Bild war in Griechenland entstanden, unterlag dem Copyright und wurde manipuliert. Die Betrugsabsicht war nicht zu verkennen.
Der Verstoß gegen das Urheberrecht wurde zwar strafrechtlich geahndet; über die ursprüngliche Missachtung der Wählerschaft hat sich die AfD in den vergangenen Jahren nicht mehr geäußert und darauf vertraut, dass diese vergisst. Insofern muss man dankbar sein für die Erinnerung, dass die Partei entschlossen ist, wie gehabt weiter zu machen. (→ Die Flyer-Leier der AfD)
Ziel der Diffamierung sind diesmal nicht die gesellschaftlich ohnehin wenig angesehenen Antifaschisten, mit deren Verleumdung die AfD nur einer Tradition folgt (→ Die Antifa-Verschwörung), sondern die Schüler, die Freitag für Freitag statt die Schulbank zu drücken gegen die aktuelle Klimapolitik demonstrieren.
Ein Frührentner aus dem bayerischen Ochsenfurt hat sich eines Fotos bedient, mit dem die Märkische Allgemeine Zeitung im Januar einen Artikel illustrierte. Drei Jugendliche halten Schilder hoch. Die Sprüche darauf wurden ausgetauscht durch diese: »Strom und Benzin sind nicht teuer genug«, »Rettet die Eisbeeren« (!), »Schafft die Autos ab, geht doch zu Fuss« (!).
Die AfD-Anhängerschaft reagierte mit den üblichen hasserfüllten Kommentaren. Aus unerklärten Gründen war die Site bald darauf abgeschaltet.
Sie war ausschließlich eine Plattform für Hetze. Wie sehr es dem Webmaster allein darauf ankam, zeigte sich im Vergleich mit der Homepage des Kreisverbandes. Viel hatte er nicht über eigene Aktivitäten zu vermelden, aber das Wenige wurde fast nie auch über den facebook-Account verbreitet. Zuletzt wurde zwar die Einladung zu einer Veranstaltung am 8. März auf facebook geteilt, der auf der Homepage erschienene Bericht jedoch nicht. (→ Männerfantasien) Stattdessen fand man dort Links aus aller Welt, mit denen Verschwörungstheoretiker und Hassfantasten bestätigt wurden. (→ Die Zitate der AfD)
Für die Staatsanwaltschaft mag es einfacher sein, wegen einer Fälschung mit einhergehender Verletzung von Persönlichkeits- und Urheberrecht gegen die Partei vorzugehen. Anklagen wegen Volksverhetzung hätte sie alle zwei Tage schreiben können. Dass sich die Hetzer davon nicht beeindrucken lassen, haben sie bereits klar gemacht, sonst hätte die facebook-Site nach der Flyer-Affäre anders ausgesehen und eine Wiederholung wäre ausgeblieben.
Links statt eigener Worte, und wenn etwas verlautet wird, sind es Lügen und Hetze. Für eine demokratische Auseinandersetzung ist der KV Stade nicht aufgestellt.
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Inzwischen wurde auf der Homepage des KV Stade eine »Richtigstellung« veröffentlicht, die dem Vorgang die Krone aufsetzt: »Das Bild war als Satire gekennzeichnet und wurde auf der Facebook-Seite des Kreisverbandes lediglich geteilt. Wir haben es weder erstellt noch bearbeitet. Durch eine persönliche Nachricht eines Lesers über Facebook wurden wir informiert, dass es sich bei dem Bild um eine bearbeitete Version eines Originalfotos handeln könnte. Daraufhin wurde der Beitrag unverzüglich gelöscht. Sollten durch das o. g. Bild persönliche Gefühle verletzt worden sein, bedauern wir das sehr.«
Das Bild war keineswegs als Satire gekennzeichnet. Der Webmaster der facebook-Site »Keine AfD im Alten Land« kommentiert: »In einer Entschuldigung sollten Lügen keinen Platz haben! Wenn ein Bild einen ganzen Tag online gestellt bleibt, dazu noch versehen wird mit einer dummen beleidigenden Bemerkung und über 150 Kommentare darauf hinweisen…«
Den Vogel der Verlogenheit schießt Helmut Wiegers ab, der Pressesprecher des KV Stade, der in der Kreiszeitung zitiert wird: »›Das kommt nicht von uns‹, sagt er dem WOCHENBLATT. Wer den Beitrag auf die Facebook-Seite gestellt habe, stehe noch nicht fest.«
Der Pressesprecher weiß nicht, wer die facebook-Site betreut? Für so debil hält er die Wähler und die Presse, die seinen Quark kommentarlos druckt.
Mal angenommen, das Foto wäre als Satire gedacht und verstanden worden. Der Urheberrechtsverstoß und die Missachtung von Persönlichkeitsrechten bleiben davon unberührt. So weit geht die Kunstfreiheit nicht. Was ein Böhmermann mit Erdogan nicht machen darf, dürfen die Herrschaften aus Ochsenfurt und Grünendeich schon gar nicht mit – Kindern. Wo kamen die noch mal her? Kommt nicht darauf an für die, die mit ihnen ja nur spielen, wie sie glauben machen wollen.
Die Minderjährigen wurden auf einer Demonstration fotografiert und offenkundig mit Einwilligung; für den Pressefotografen ist die Aufnahme unproblematisch. Aber nicht für jeden Hansel, der das Foto verwendet, vom formalen Rechtsbruch abgesehen. Oder etwa nicht? Posten Sie Fotos irgendwelcher Kinder, die Sie nicht kennen? Pädophile tun das auch. Gewiss, die Kinder wurden nicht buchstäblich manipuliert, nur ihr Bildnis. Ein gradueller Unterschied.
Gehört sich das nach Ansicht der AfD? Ist es das, was der Pressesprecher dem Wahlpublikum mitzuteilen versucht: Wir dürfen das? Oder meint er: Wir haben uns nichts dabei gedacht, Kinder für unsere Zwecke zu missbrauchen? Ist das die Alternative dieser Partei: Dummheit oder Bosheit?
Wer diese Fälschung weiter verbreitet hat, kann sich hinsichtlich der offenkundigen Rechtsverstöße allenfalls darauf berufen, dem Fälscher vertraut zu haben (dass er das Einverständnis des Urhebers und der Abgebildeten eingeholt hätte für seine manipulative Verwendung, wie unwahrscheinlich beides wäre). Aber wenn der Weiterverwender, wie der KV Stade von sich verlauten lässt, weder weiß, wer das Bild erstellt, noch wer es über die eigene facebook-Site verbreitet hat, schlägt sich diese schmale Hintertür selbst zu.
Die Fälscher nicht nur in der AfD, die täglich mit den Konterfeis von Personen der Zeitgeschichte Unfug treiben, haben vergessen, dass ein Unterschied besteht zwischen Angela Merkel und ganz gewöhnlichen Leuten, die einem bestimmten Fotografen vertraut haben, der, so gewissenhaft er arbeiten mag, seine Arbeit nicht schützen kann gegen selbsternannte Hochanständige, die ihn und die von ihm Abgebildeten rücksichtslos missbrauchen und dabei nicht nur Anstandsregeln, sondern Gesetze mehrfach missachten.
Der KV Stade beruft sich auf Dummheit. Er hat hoch qualifizierte Juristen in seinen Reihen; es kann sich nur um eine Schutzbehauptung handeln. Gäbe es im Wahlkreis Journalisten hätten sie wohl eine Geschichte recherchieren können, die ich hier aus rechtlichen Gründen für mich behalten muss.
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Helmut Wiegers hat es wieder getan und eine Nebelkerze geworfen wie noch jedes Mal, wenn er als Pressesprecher des Kreisverbandes Stade der AfD in Erscheinung tritt. Er hat einen Leserbrief zu einem Text des Chefredakteurs des Stader Tageblatt auf der Homepage des KV veröffentlicht.
Darin widerspricht er der Angabe, »der damalige AfD-Funktionär Lars Seemann (mittlerweile ist er aus der AfD ausgetreten) wurde wegen der Urheberrechtsverletzung zu einer Geldstrafe von 2000 Euro verurteilt«: »Diese Behauptungen entsprechen nicht der Wahrheit. Weder bei der Bundes-, der Landesgeschäftsstelle noch beim AfD-Kreisverband Stade lag eine Austrittserklärung von Herrn Seemann vor. Fakt ist: Solange Herr Seemann im Mitgliedersystem geführt ist, ist er Mitglied. Wir wissen nicht, woher Herr Stephan die Information über den Parteiaustritt hat. Seine Quellen scheinen aber nicht seriös zu sein. Weiter ist es falsch, dass Herr Seemann zu einer Geldstrafe von 2000,- € verurteilt wurde. Richtig ist, im finalen Urteil der Berufungsverhandlung wurde ein abweichendes Strafmaß festgelegt.«
Wie dieses »abweichende Strafmaß« lautete, verrät Wiegers nicht und lässt die Leser rätseln, warum er eine Richtigstellung ankündigt und es dann beim Widerspruch belässt.
Zu dem Punkt, der seine Partei wieder einmal nicht einer Sachaussage wegen ins Gerede gebracht hat, schreibt Wiegers: »Die Behauptung, dass das geteilte Bild keine Satire sei, ist ebenfalls eine wahrheitswidrige Aussage. Das Foto war nachweislich mit der Signatur ›In Satira by Uwe Ostertag‹ gekennzeichnet.«
Mag sein, dass der Bildbastler, um sich rechtlich abgesichert zu glauben, einen Vermerk auf dem Bild angebracht hat. Ich habe ihn nicht registriert, als ich den inkriminierten Post auf der facebook-Site der AfD sah und sowohl den Kommentar des Posters, den die AfD nicht zu kennen vorgibt (offenbar kann bei ihnen jeder posten, der zufällig vorbei kommt; also war ich es vielleicht?), wie auch die Kommentare der Follower gelesen habe.
Das Bild mag als Satire durchgehen (wogegen ich Einwände hätte), aber es wurde nicht als Satire in die Welt gesetzt und weder vom Poster noch den Kommentatoren so aufgefasst. Der Poster, der anscheinend der AfD auf ähnliche Weise angehört oder nicht wie besagter Herr Seemann (→ Twesten, Grundmann, Seemann) hat den vermeintlichen Irrtum bewusst erregt.
Das mag man ethisch einschätzen und auf die politische Moral der Partei anrechnen oder nicht. Offen sind die Rechtsfragen, die Verletzung des Urheberrechts des Fotografen und der Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten, die zum Objekt des angeblichen Satirikers wurden. Dazu hat Herr Wiegers nichts mitzuteilen. Davon werden wir frühestens dann wieder hören, wenn die AfD sich genötigt fühlt auf einen Artikel im Stader Tageblatt zu reagieren, als käme es nur darauf an, deren Leserschaft zu überzeugen, als würden alle anderen nicht zählen.
Insofern hat die AfD verstanden und sich darauf eingestellt, wie Politik im Landkreis Stade funktioniert: Hauptsache, man hat die maßgeblichen Leute auf seiner Seite, und dazu muss man sich in erster Linie mit deren Sprachrohr in der Redaktion des Lokalanzeigers abgeben. Das Wahlvolk, den Plebs, der nicht ohnehin so verhetzt und verlogen ist wie man selbst, kann man unberücksichtigt lassen.
Wie sich das Zusammenspiel zwischen AfD und Lokalanzeiger im Sinne des gemeinsamen inneren Kaiserreichs gestaltet, war zur selben Zeit zu beobachten, als der Pressesprecher der Partei der Zeitung pro forma widersprach: → Altländer Angelegenheiten.
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Weitere Beiträge zur AfD:
→ Nächste Runde AfD und Antifa (Mai 2019)
→ Demokratisches Klima (März 2019)
→ Der 9. November der AfD (November 2018)
→ Höcke im Wald und die Ignoranz (November 2018)
→ Tierschutz als Hetz-Folie (September 2018)
→ War noch was mit der AfD? (März 2018)
→ Immer fest drauf (November 2017)
→ Medien im Zerrspiegel (Oktober 2017)
→ Angstmache in Buxtehude (Oktober 2017)
→ Gestalten im Schatten (Oktober 2017)
→ Neonazis aus dem Schatten (September 2017)
→ Das Auto der AfD (September 2017)
→ Angsthasen in Buxtehude (August 2017)
→ Twesten, Grundmann, Seemann (August 2017)
→ Sicherheit nach Art der AfD-App (Dezember 2016)
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